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Warnstreiks bei den Bankern

■ 300 demonstrierten für zehn Prozent mehr Gehalt

Berlin. Bei acht Grad minus vertauschten gestern morgen 200 bis 300 Bankangestellte den Kugelschreiber mit dem Transparent. Sie demonstrierten drei Stunden lang vor der Zentrale der Berliner Commerzbank in der Potsdamer Straße, um ihrer Forderung nach mehr Gehalt Nachdruck zu verleihen. Am Nachmittag zogen die Beschäftigten vor die Grundkreditbank am Olof-Palme-Platz. In bundesweiten Warnstreiks fordern die Gewerkschaften eine generelle Aufstockung der Gehälter um 10,5 Prozent. Von Seiten der Arbeitgeber wurden bislang 4,5 Prozent geboten. Morgen gehen die Tarifpartner in die vierte Verhandlungsrunde. Und »wenn morgen nicht was rüberkommt«, so die stellvertretende HBV-Bezirksvorsitzende, Oda Krauß, dann wird es eine Urabstimmung geben. Am Freitag wird der Bundesvorstand der Gewerkschaft in Düsseldorf darüber beraten. Die Stimmung bei den 40.000 Beschäftigten im Bankgewerbe ist, nach Einschätzung von Streikenden, generell schlecht. Viele seien total überlastet, weil sie wegen der Ausweitung ihrer Unternehmen in den Osten Überstunden leisten müßten. Deshalb wurden, vor allem auf Initiative der Berliner Gewerkschafter, zwei zusätzliche freie Tage im Jahr und die generelle Schließung der Banken am 31. Dezember in den Forderungskatalog aufgenommen.

Die Banker in der Stadt verdrießt zudem, daß sie, aufgrund der Kürzung der Berlin-Zulage und der generellen Erhebung des Solidaritätszuschlages, heute weniger im Portemonnaie haben als noch vor einem Jahr. Demgegenüber betrugen die Gewinnsteigerungen der Banken, so haben die Gewerkschaften errechnet, zwischen 1982 und 1990 jährlich 10,5 Prozent. Von den Beschäftigten hat jedoch kaum einer die Erwartung, daß diese Zahl auch in der nächsten Gehaltserhöhung steht. Eine Sechs vor dem Komma wird als akzeptables Ergebnis angesehen, zumal im Bereich Versicherungen Ende letzten Jahres ein entsprechender Abschluß erzielt wurde. In Anbetracht des Organisierungsgrades von 20 Prozent und der klirrenden Kälte fand es der Betriebsratsvorsitzende der Commerzbank, Detlef Kaiser, schon beachtlich, daß sich so viele auf die Straße gestellt haben. Denn eigentlich seien »die Banker das Demonstrieren nicht so gewohnt wie die Metaller«. dr

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