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„Hochkomplexes Gerät“

■ „Cockpit“-Sprecher kritisiert Technikgläubigkeit

Mit dem dritten schweren Flugzeugunglück eines Airbus A320 ist der Mythos der absturzsicheren Supermaschine endgültig zerstört worden. Cord Becker, Ausbildungskapitän für den A320 und Sprecher der Pilotenvereinigung „Cockpit“, kritisierte gestern das „überzogene Vertrauen in die Technik“. Das Flugzeug sei fälschlicherweise als „idiotensicher“ hingestellt worden. Davon könne nicht die Rede sein. Auch die Annahme, daß beim kleinen Airbus der Computer die Fehler der Piloten korrigiere, sei falsch.

Für Becker ist der A320 ein „hochkomplexes Gerät“, das, genau wie jede andere Maschine, nur von gut ausgebildeten Piloten mit entsprechenden manuellen Fertigkeiten geflogen werden könne. Wer einen Airbus A320 mit seiner elektronischen Steuerung fliege, müsse auch eine alte Boeing mit mechanischer Steuerung fliegen können, sagte Becker. Er halte den A320 keinesfalls für ein unsicheres Flugzeug, aber man dürfe von der Technik keine Wunderdinge erwarten.

Wie bei jedem anderen Flugzeug könne der Pilot auch hier schwere und klassische Flugfehler machen. Das habe sich schon beim Absturz im Elsaß gezeigt, wo die Piloten viel zu tief und zu langsam geflogen seien. Sie hätten offenbar gedacht, daß man dies mit dem Airbus tun könne.

Becker warnte davor, das Ausbildungssystem zu vernachlässigen, nur weil die Technik der Crew Arbeit abnimmt. Auch für den A320 brauche man „keine Computerfreaks“, sondern sehr gut ausgebildete Piloten. Zu dem aktuellen Unglück wollte Becker nicht Stellung nehmen, bevor die Umstände des Absturzes nicht geklärt sind.

Kritik an der Technik des A320 äußerte gestern die französische Pilotengesellschaft. In ihrer Erklärung stellte sie die Wirksamkeit des Navigationssystems in Frage. Details wurden dazu nicht bekannt. Bereits nach den beiden ersten Abstürzen in Habsheim und Bangalore war die Technik des Airbusses in Verruf geraten. Die Habsheimer Piloten hatten bis zuletzt darauf beharrt, daß die Maschine auf ihr „Vollgas“ nicht reagiert habe. Bei der Untersuchung dieses Unglücks war es, wie eine TV-Dokumentation enthüllte, zu Unregelmäßigkeiten gekommen. Die Piloten wurden von Airbus heftig unter Druck gesetzt, der Untersuchungsrichter wurde ausgewechselt, Beweisstücke verschwanden.

Der Airbus-Absturz im indischen Bangalore war ebenfalls als Pilotenfehler eingestuft worden. Die Crew sei mangelhaft auf die Computertechnik des Airbus vorbereitet gewesen, und es habe in der Kommunikation der Piloten Mißverständnisse gegeben, hieß es damals. Manfred Kriener

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