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Der Heilige Geist mit der Stasi im Bunde

Ökumenischer Arbeitskreis der Dresdner CDU diskutierte über den Teufel im Beichtstuhl und auf der Kanzel  ■ Aus Dresden Detlef Krell

Als Sachsens Innenminister Heinz Eggert (CDU) noch Studentenpfarrer in Zittau war, habe er immer gesagt: „Der Heilige Geist und die Stasi sind allgegenwärtig. Nur vom Heiligen Geist weiß man das nicht so genau.“ Mit dem Studium seiner Akten mußte er einsehen, daß „kein Humor in dieser Bemerkung steckte“.

Die freien Plätze im Plenarsaal des Dresdner Rathauses ließen sich an einer Hand abzählen, als der Ökumenische Arbeitskreis der Dresdner CDU am Montag öffentlich über die Stasi-Verstrickung der Kirchen diskutierte. Pfarrer Volker Kreß vom Evangelischen Landeskirchenamt Sachsen malte die in ihrer Aktenhalde weiterlebende Staatssicherheit gleich zu Beginn als Teufel an die Wand. Noch nie habe die Stasi soviel Macht gehabt wie jetzt, da sie überall Mißtrauen säe und in den Medien „weniger das Leiden der Opfer als die kribbelnde Sensation“ das Wort führe. Die evangelische Amtskirche habe „immer gewußt“, daß „einige“ ihrer Leute Verbindungen zur Stasi unterhielten. Dies wäre aber ein „überschaubarer Kreis“ gewesen.

Kreß widersprach Vorwürfen, wonach die Kirche dieses Thema verschleppe. Die kirchliche Rechtsprechung verfüge über klare Bewertungsmaßstäbe, und jeder einzelne Fall werde gewissenhaft geprüft. Ein „Amtszuchtverfahren“ werde nur in eindeutig begründeten Fällen erhoben. Auch die katholische Kirche habe schließlich auf höchster Ebene „überschaubare“ Beziehungen unterhalten. Generalvikar Georg Hanke stellte aber klar, daß für katholische Priester die Richtlinien der Berliner Bischofskonferenz galten, die politische Betätigung untersagten. Bis jetzt sei kein katholischer Geistlicher als IM enttarnt worden, was nicht bedeuten müsse, daß es niemanden gäbe. Alle Katholiken seien aufgefordert, sich dem Bischof zu offenbaren. „Angst war die Stütze des alten Systems, und es darf nicht sein, daß wir wieder nach diesem Menschenbild unsere Beziehungen gestalten“, warnte Hanke, der die Offenlegung von Stasi-Verstrickungen mit einer Art „öffentlicher Beichte“ verglich.

Innenminister Heinz Eggert wies die Dämonisierung der Stasi als „teuflisches Thema“ zurück: Die Fragen nach Verstrickung und Verführung, nach Schuld und Vergebung seien „ein menschliches, ein biblisches Thema“. Und die Kirche sei „nicht mehr und nicht weniger verstrickt“ als die übrige Gesellschaft. Es sei zu fragen, ob Schuld nicht auch heiße, die „Konsequenzen eines verkehrten Strebens“ zu tragen. Irgendwann habe jeder für das einzustehen, was er getan hat. „Und nicht erst vor dem Jüngsten Gericht.“ Nach Eggerts Auffassung haben sich besonders Ärzte, Juristen und Pfarrer schuldig gemacht, wenn sie sich mit der Stasi arrangierten. Diese drei Berufsgruppen gehen „mit Menschen in Not“ um. Eggert forderte, nicht nur über die Informellen, sondern auch wieder über die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit zu sprechen. Es sei an der Kirche, über einen eigenen Beitrag zur Aufarbeitung des Stasi-Erbes und über die Begleitung der Betroffenen — „Opfer und Täter gleichermaßen“ — nachzudenken.

Bis Ende vergangenen Jahres arbeitete ein „Vertrauensausschuß der Landeskirche Sachsen“. Als ein „Versuch, Mut zu machen und sich der Vergangenheit zu stellen“, war er jedoch, wie Pfarrer Kreß eingestand, ein „Fehlschlag“. Der Kreis war „nur mit vielen kleinen Fällen und Verdächtigungen“ befaßt. Ohne ins Detail zu gehen, verriet Kreß, daß der Forderung des evangelischen Landesbischofs, Stasi-Verstrickungen offenzulegen, „so gut wie nicht oder zu spät“ entsprochen wurde. Für die katholische Kirche beschied Generalvikar Hanke, daß es Prüfungen aller Amtsträger „im Sinne einer allgemeinen Verdächtigung“ nicht geben werde.

Den Namen Manfred Stolpe zu nennen, vermied das geistliche Podium an diesem Abend. Kreß betonte, nur für seine und nicht für eine andere Landeskirche sprechen zu können. In Sachsen seien führende Kirchenvertreter „in wenigen Ausnahmefällen“ an die Stasi herangetreten, wenn Gespräche „unumgänglich“ waren. Im übrigen gilt für Pfarrer Kreß das Sprichwort: „Wer mit dem Teufel speist, muß einen langen Löffel haben.“ Heinz Eggert berichtete von einem Pfarrer, der, entgegen der „Linie der Landeskirche“, mit Wissen seiner Kollegen den Pakt mit der Stasi geschlossen hatte. „Vielleicht“, so zitierte Eggert die damalige Hoffnung, „können wir auf diese Weise etwas Problembewußtsein dorthin bringen, wohin es gehört.“ Eggert sei sich sicher, daß von diesem IM-Pfarrer „nichts mißbraucht“ wurde. Wenn er jedoch höre, daß sich jemand in konspirativen Wohnungen getroffen habe, dann sei ihm „der Löffel schon wieder zu lang“.

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