: Ein Finanzhai in Polen
Warschau (taz) — David Bogatin, Wahlwiener mit lebhafter Vergangenheit in der UdSSR und den USA, ist in Polen in die Schlagzeilen geraten. Bogatin war letztes Jahr mit sechs Millionen Dollar nach Lublin gekommen und hatte dort kurzentschlossen eine Bank gegründet.
Erst jetzt enthüllte die 'Gazeta Wyborcza‘, daß Bogatin zuvor wegen Steuerhinterziehung aus den USA hatte fliehen müssen und sich in Wien niedergelassen hatte. Dort war er 1987 zweimal von Interpol festgenommen und mangels Beweisen wieder freigelassen worden. Zeitungen berichteten damals über seine Verbindungen zur sowjetischen und italienischen Mafia in den USA. Bei seiner Festnahme im Wiener Marriott hatte Bogatin gefälschte Wertpapiere und Schecks über mehrere hundert Millionen Schilling bei sich. Gegen Bogatin, den die Presse damals als „amerikanischen Mafiaboß“ bezeichnete, lief im gleichen Jahr auch ein Auslieferungsersuchen des britischen Scotland Yard. Trotzdem lebte Bogatin bis zur Gründung der Lubliner Bank mit seiner Familie in Wien. Von dort brachte er auch seinen Vertrauten Georgi Tabachnik mit, der der Leitung der Bank angehört. Bogatin gehört neben der Bank auch noch eine Handelsfirma namens Sunpol, der Bank wiederum gehört in Lublin noch eine andere Firma namens Alfatronik.
Die Nachricht über Bogatins Vergangenheit hat in Lublin zu einem Sturm der Sparer auf ihre Guthaben geführt. Die von Bogatin gegründete „Erste Kommerzielle Bank in Lublin“ hatte bereits kurz nach ihrer Gründung für Aufsehen gesorgt, als sie begonnen hatte, Devisenkredite zu versteigern. Trotz einer juristisch fehlerhaften Kapitalerhöhung hatte die Börsenkommission der Warschauer Wertpapierbörse die Aktien der Bank gegen Jahresende zum Handel zugelassen. Unter Eingeweihten kursierten schon damals Gerüchte darüber, daß mit der Bank Seltsames geschehe (wir berichteten). Die Nationalbank, die der Bank die Konzession gab, ihr aber „vorsichtshalber“, wie Insider behaupten, nur 30 Prozent Gewinntransfer zustand, versuchte inzwischen die aufgeregten Sparer zu beruhigen: Ihre Einlagen seien sicher. Die Bank hat im ganzen Land 14 Filialen und beschäftigt über 400 Mitarbeiter. Am Samstag standen die Sparer bis nachts um drei Uhr an, um ihre Einlagen abzuheben.
Der Skandal um die Lubliner Bank ist bereits der zweite, bei dem nun die weitere Existenz einer Bank auf dem Spiel steht. Bereits letztes Jahr war es zu einem Sturm der Sparer auf die Kattowitzer Kredithandelsbank (wir berichteten), den Eigentümer der inzwischen konkursreifen Skandalfirma Art B, gekommen. Die Kattowitzer Bank wird inzwischen de facto von der Nationalbank geleitet, nachdem die komplette Geschäftsführung von der Nationalbank suspendiert worden war. Klaus Bachmann
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