: Freiheit für alle revolutionären Gefangenen!
Wir Angehörigen der politischen Gefangenen in der BRD haben uns am 12.1.92 getroffen und zum ersten Mal gemeinsam über die öffentliche Diskussion zur Freilassung einiger Gefangener aus RAF und Widerstand gesprochen.
Wir sind bisher zu folgenden Ergebnissen gekommen:
Seit Jahren gehen wir Angehörige und Freunde der politischen Gefangenen in die Öffentlichkeit und werden immer wieder dafür kriminalisiert, was jetzt unumwunden vom Staat selbst zugegeben wird: Es gibt seit 1970 politische Gefangene aus der RAF und dem Widerstand, die Sonderhaftbedingungen unterworfen sind. Es gibt Haftunfähige unter ihnen.
Zu einigen von ihnen gibt es jetzt Überlegungen der Bundesregierung, sie freizulassen. In der Debatte wird jetzt wieder der Anschein des „Besonderen“ geschürt. Die Wahrheit ist: Bernd Rössner ist schon 17 Jahre im Gefängnis und seit Jahren haftunfähig.
Claudia Wannersdorfer hat inzwischen sieben von acht Jahren Strafe hinter sich und ist ebenfalls seit langem haftunfähig.
Günter Sonnenberg wurde vor 15 Jahren inhaftiert und ist von Anfang an prozeß- und haftunfähig gewesen.
Es geht demnach nicht um „Großzügigkeit“, sondern nach sämtlichen innerstaatlichen Rechtsgrundsätzen und internationalen Menschenrechtsnormen müssen sie freigelassen werden beziehungsweise hätten nie inhaftiert werden dürfen.
Außerdem gibt es zwei weitere Haftunfähige: Isabel Jacob, die trotz schwerer Krankheit inhaftiert wurde, und Ali Jansen, der wegen seines schweren Asthmas haftunfähig ist.
Natürlich würden wir uns darüber freuen, wenn die haftunfähigen Gefangenen freikommen und darüber hinaus weitere Gefangene, wie es jetzt ebenfalls öffentlich diskutiert wird — natürlich ohne ihre eigene Identität und Geschichte zu verraten. Irgendeine Großzügigkeit des Staates können wir aber auch hierin nicht sehen.
Sie sprechen auch nicht von allen politischen Gefangenen und von den Verschärfungen, wie wir sie derzeit erleben.
Sie reden nicht von den Prozessen, die sie aufgrund von gekauften Kronzeugen-Aussagen gegen Sieglinde Hofmann, Ingrid Jakobsmeier, Rolf-Clemens Wagner und Christian Klar vorhaben. Ingrid käme nächstes, Sieglinde in drei Jahren raus. Sie alle sollen auf immer und ewig hinter den Mauern verschwinden.
Sie reden nicht davon, daß durch die damit verbundenen Verlegungen einem großen Teil der Gefangenen die wenigen Möglichkeiten, zusammen zu sein, genommen werden.
Sie reden nicht davon, daß die jahrelange Forderung der Gefangenen nach Zusammenlegung schon wieder kriminalisiert wird. Seit einigen Monaten laufen unter anderem auch gegen einige von uns wegen unserer Zeitung, dem Angehörigen-Info, Ermittlungsverfahren nach Paragraph 129a.
Aber wir reden davon!
Und davon, daß seit 20 Jahren gegen alle politischen Gefangenen Isolation angewandt wird. Daß die Forderung nach Zusammenlegung nie erfüllt wurde und daß deshalb inzwischen alle Gefangenen krank sind und ihre Gesundheit auf Dauer zerstört ist.
Wenn der Staat also jetzt erwägt, einzelne Gefangene rauszulassen, sagen wir: Alle müssen raus.
Sie müssen raus, und zwar jetzt und ohne Bedingungen. Die Angehörigen der politischen Gefangenen in der BRD
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