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Templin präzisiert Stasi-Kontakte

Berlin (taz) — Der DDR-Bürgerrechtler Wolfgang Templin hat jetzt erste Einzelheiten seiner früheren Kontakte zur Staatssicherheit während seiner Studentenzeit und seiner späteren Verfolgung durch die Stasi bekanntgegeben. Als politisch aktiver Student habe er sich 1971 zu einer Zusammenarbeit mit dem MfS bereitgefunden. Die Gespräche hätten in unregelmäßigen Abständen in Gaststätten in der Nähe der Universität stattgefunden. Gegenstand seiner Berichte sei die Situation an der Ost- Berliner Humboldt-Universität gewesen. Im Zusammenhang mit der Gründung einer von ihm mitgetragenen konspirativ arbeitenden oppositionellen Gruppe 1975 hatte Templin von seinen Stasi-Kontakten berichtet. Aus den bei der Gauck-Behörde liegenden Akten geht hervor, daß Templin bereits während seiner Kontakte von der Staatssicherheit zugleich observiert wurde. Im Verlauf des Jahres 1975 gelang es Templin, sich aus der Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit zu lösen. Danach begann die Verfolgung Templins durch die Staatssicherheit, die in über 40 Aktenbänden dokumentiert ist.

Zwei Mitglieder des Geschäftsführenden Ausschusses des Bündnis 90 können seit gestern Einblick in die Akte Templins nehmen. Sie bestätigten die Zusammenarbeit Templins mit der Staatssicherheit zwischen 1971 und 1974. Der Bürgerrechtler Werner Schulz erklärte, er bewerte die „Tatsache, daß Wolfgang Templin aus eigener Einsicht und Kraft den Weg zum aktiven Widerstand gegen das SED-Regime gefunden hat, ungleich höher“ als dessen Kontakte zum MfS. Templin habe während seiner intensiven Verfolgung durch die Stasi zwischen 1975 und 1988 die Schuld, die er mit seinen Stasi-Kontakten auf sich geladen habe, mehrfach abgetragen. Schulz bestätigte, daß Templin im Rahmen der Konstituierung der Volkskammerfraktion ausführlich über seine früheren Kontakte informiert hatte. Er vertraue ihm uneingeschränkt.

Der geschäftsführende Ausschuß des Bündnisses wird heute über die MfS-Kontakte Templins beraten. eis

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