: Gewerkschaften blasen zum Streik
■ Stahlkocher stehen bereit / Bremer Bänker testen Stimmung
Streikbereitschaft bei den Stahlkochern der Klöckner-Hütte, erste Schritte auf das noch nicht tragfähige Warnstreik-Eis bei den Bremer Bänkern. So stellte sich am Freitag bei Auftaktveranstaltungen der Bremer Gewerkschaftten IG Metall (iGM), Handel, Banken und Versicherungen (HBV) und der Deutschen Angestellten Gewerkschaft (DAG) die Situation in den laufenden Tarifauseinandersetzungen dar. IGM, HBV und DAG fordern 10,5 Prozent für ihre Mitglieder. Die Arbeitgeber hatten um fünf Prozent geboten.
Ein Novum in der Bremer Gewerkschaftsgeschichte gibt es beim Kampf um höhere Gehälter bei den AngestellInnen von Banken und Sparkassen zu vermelden. Hatten sich in der Vergangenheit DAG und HBV bis auf–s Messer bekämpft, schreiten sie zur Zeit Seite an Seite. Beide Organisationen vertreten etwa 25 Prozent der 10.000 Bänker.
Nachdem am Mittwoch die bundesweiten Verhandlungen der Geld-Branche gescheitert waren, begannen Bremer HBV — und DAG Aktivisten am Donnerstag für ihre Sache zu mobilisieren. Am Freitagmorgen wurden in den Geldinstituten Stimmzettel ausgeteilt: Stimmungstest vor Kampfmaßnahmen im Tarifkonflikt.
Im Herzen der Finanzwelt, dem Domhofsplatz, und Am Bill hatten DAG und HBV gestern in den Mittagsstunden Informationsstände aufgebaut. Hier sollten die befragten Angestellten ihre Stimmzettel abgegeben. Die frierenden GewerkschafterInnen zeigten sich zufrieden über den Rücklauf.
Als Maßstab für Abschlüsse bei den Banken und Sparkassen werden die Tarifvereinbarungen bei den Versicherungen anvisiert. Die hatten im Oktober 1991 6,5 Prozent und eine Vorruhestandsregelung vereinbart: Gesamtvolumen etwa 9 Prozent. Für die Bänker fordern DAG und HBV neben der Gehaltsaufbesserung Arbeitszeitverkürzungen in Form von zusätzlichen Urlaubstagen. Einen Streik hat es in Bremen in dieser Branche noch nie gegeben.
Entschlossenheit und Kampfstimmung demonstrierte die IG- Metall. Mit Kultur und Agitation stimmte man sich im Streikzelt vor dem Klöckern-Verwaltungsgebäude auf die am Sonntag beginnende Urabstimmung ein. Etwa 200 Metaller hatten sich eingefunden. Mindestens 6,7 Prozent will man den Arbeitgebern abtrotzen. Dieses Ergebnis hatte die metallverarbeitende Industrie 1991 erzielt. Die letzte Lohnerhöhung der Metallindustrie stammt aus dem Jahre 1990. Nach neun gescheiterten Verhandlungsrunden seit November fühlt sich die Gewerkschaft „verarscht“. Herbert Diekmann, stellvertretender Betriebsrat bei Klöckner: „Ich halte den Streik für notwendig. Wenn es dazu kommt, dauert–s lange. Die notwendigen 75 Prozent bei der Abstimmung werden wir erreichen.“
Jürgen Kucz
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