: Berlin darf nicht Wüste werden
■ Diskussion über Westberliner City/ 700.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche für Büros beantragt
Charlottenburg. »Es gibt in Berlin eine von Investoren und Architekten inszenierte Hochhausdebatte, die so tut, als sei sie eine ästhetische, tatsächlich ist sie vor allem eine ökonomische«, sagte Senatsbaudirektor Hans Stimman am Samstag auf dem SPD-Forum zur Entwicklung des Berliner Westens. Die deutlichen Worte sind nötig, sind doch in Charlottenburg und Wilmersdorf zahlreiche Hochhäuser geplant, deren Bau das Stadtbild gründlich umkrempeln würde. Allein in Charlottenburg sind derzeit Bürogebäude von insgesamt 700.000 Quadratmetern Bruttogeschoßfläche beantragt. Zum Vergleich: Das ICC hat circa 100.000 Quadratmeter Geschoßfläche.
So will die Brau- und Brunnen AG das fast hundert Meter hohe »Zoofenster« neben den Bahnhof stellen (die taz berichtete). Die Industrie- und Handelkammer plant eine Erweiterung an der Fasanenstraße. Am Ernst-Reuter-Platz sind mehrere Hochhäuser in Planung, darunter eine Aufstockung der Deutschen Bank. Auf dem Kantdreieck und womöglich auf dem Viktoria-Areal am Kurfürstendamm sollen Hochhäuser entstehen. Die AMK will ihre Messehallen erweitern, und die schwedische Firma Skanska plant, den Busbahnhof mit ihrem »Teleport« zu überbauen. Für das Westkreuz gibt es Konzepte für riesige Büro- und Wohnbauten. Und auch am Güterbahnhof Charlottenburg und dem Industriegebiet am Spreebogen sind diverse Gebäude geplant.
Das wird Verkehrsprobleme schaffen. Heute, so der Experte Michael Höppner, habe die BVG in der City 14.000 »Transportvorgänge« pro Stunde zu bewältigen, 1994 werden es 25.000 pro Stunde sein. Vor allem aber wird die Charlottenburger Bevölkerung langfristig verdrängt werden. »Die Frankfurter Innenstadt ist eine totale Wüste, auch ökonomisch«, beschrieb es Stimman, der fünf Jahre in »Bankfurt« gelebt hatte. Karsten Schirmer vom Stadtplanungsamt Frankfurt warnte die Berliner Kollegen: Um solche Auswüchse wie in Frankfurt zu verhindern, müßten sie in der Innenstadt nicht nur gegen Zweckentfremdung von Wohnraum vorgehen, sondern auch gegen die Umwandlung in Eigentumswohnungen.
»Wir sind froh, in der Innenstadt von Hochhäusern verschont geblieben zu sein, von einem ,Fehltritt‘ mal abgesehen«, sagte Tassilo Braune vom Landesplanungsamt Hamburg. Braune riet den Berlinern dazu, nach Hamburger Vorbild beim Senat ein Sondervermögen für Grundstücksgeschäfte zu bilden. So könne die Stadt auch den Mehrwert abschöpfen, der sich bildet, wenn Land als Bauland ausgewiesen wird. Berlin, meinte schließlich trostreich der SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi, sei eine sehr reiche Stadt. »Wenn es hier nicht gelingt, die Probleme von Metropolen zu bewältigen, wo dann?«, fragte er. esch
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