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Radio für den Kopf und nicht nur für die Ohren

■ betr.: Radio DT 64

betr.: Radio DT64

Mit den jugendlichen Besetzern der Rundfunkinstitutionen in Rostock und Schwerin möchte ich mich hiermit solidarisieren. Was bleibt ihnen anderes übrig, als auf diese Weise Aufmerksamkeit zu erzielen. Denn Aufmerksamkeit bedarf es, wenn es um den ostdeutschen Rundfunk geht. Es reicht nicht, einfach dem NDR per Staatsvertrag das ostdeutsche Rundfunkbedürfnis anzubefehlen. Der NDR ist doch niemals eine Alternative zu DT64 und DFF.

Jugendradio war (ist) auf seine Art einzigartig in Deutschland. Da würgt es einem doch den Zorn herauf, wenn man lesen muß, was NDR-Chef Plog den DT-64-Verfechtern empfiehlt: sie sollten sich doch auf andere Pop- Musik-Sender orientieren... Als ob DT64 nur ein seichter Pop-Sender wäre. Vielleicht wünschen sich manche Oberschichtler der bundesdeutschen Gesellschaft solch eine Jugend, die im Radio Pop-Musik hören will — und nichts weiter. Dt64 aber bot (bietet) mehr — nämlich Radio für den Kopf und nicht nur für die Ohren. Was ostdeutsche Politiker ihrer Jugend hier eingebrockt haben, ist schlicht und einfach eine Schande. Und was bietet uns der NDR? Tausende Kinder vermissen ihr Sandmännchen. In den morgendlichen Nachrichten auf NDR1 (RMV) werden dem Hörer nicht einmal fünf Minuten konzentriertes Informieren zugetraut (Nachrichtendauer drei Minuten). Und die dann folgende Dudelmusik ist kaum mitanzuhören.

Sind wir dafür vor zwei Jahren etwa auf die Straßen gegangen, daß konservative Politdilettanten von CDU und SPD uns jetzt mit ihrer Medien(un)politik derart verschaukeln? Wenn der NDR wirklich „das Beste am Norden“ sein soll, kann ich nur Danke sagen. Hier stinkt es regelrecht nach Arroganz, Ignoranz und Frechheit.

Ironie der Geschichte: Gerade ostdeutsche Journalisten brachen mit der von ihnen inszenierten Demo am 4.November 1989 das Eis der politischen Sprachlosigkeit — um jetzt abgeschaltet und abgewickelt zu werden.

Die darunter zu leiden haben, sind Kinder und Jugendliche — und wenige Erwachsene, die sich nicht schon wieder „das Beste“ aufzwingen lassen wollen. Wenn ich schon Gebühren zahlen muß, dann doch bitteschön für einen Sender, mit dem ich mich identifizieren kann. Jens-Uwe Hensel, Greifswald

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