Li Peng: „Element der Verschwörung“

Rom/Berlin (dpa/taz) — „Es wäre unmoralisch, nur über Wirtschaft und Geschäfte zu reden“, sagte der christdemokratische Parteichef Arnaldo Forlani gestern nach seinem Gespräch mit dem chinesischen Premier Li Peng in Rom. Daher habe er, wie schon der italienische Ministerpräsident Giulio Andreotti am Tage zuvor, die Respektierung der Menschenrechte in China angemahnt.

Andreotti hatte die Freilassung inhaftierter katholischer Bischöfe und Dissidenten, die seit der Niederschlagung der Demokratiebewegung von 1989 inhaftiert sind, gefordert. Li habe versprochen, erklärte der Pressesprecher des italienischen Premiers, die Liste politischer Gefangener zu sichten, die Italien schicken werden, und „von Fall zu Fall“ zu prüfen. „Die Geistlichen sind ein Element der Verschwörung, über das die Gerichte eher entscheiden müssen als die politischen Behörden“, erklärte Li.

Wie die Menschenrechtsorganisation Asia Watch in ihrem neuesten Bericht „Religionsfreiheit in China“ berichtet, haben die chinesischen Behörden seit 1989 ihre Kampagne zur Kontrolle und Unterdrückung religiöser Aktivitäten verschärft. Dies betrifft alle Religionsgemeinschaften, wenn auch die katholische Kirche mit besonderem Mißtrauen verfolgt wird.

Die Behörden scheinen zu befürchten, die Katholiken könnten sich von der polnischen und anderen osteuropäischen Kirchen inspirieren lassen. Dutzende von Priestern und Bischöfen ebenso wie Laien seien in Haft, heißt es. Genaue Zahlen sind nicht vorhanden, da sich die chinesischen Behörden weigern, Berichte von Verhaftungen zu kommentieren oder zu dementieren.

Li Peng wiederholte in Rom die bekannte Position der chinesischen Regierung, daß ein westliches Land und ein Land, das sich in der Entwicklung befinde, nicht die gleiche Haltung gegenüber Menschenrechten einehmen könnten.

Unterdessen sprach der italienische Außenminister Gianni de Michelis mit seinem chinesischen Amtskollegen Qian Qichen über wirtschaftliche Zusammenarbeit. Die italienische Ferruzzi-Gruppe kündigte an, sie werde demnächst in der südchinesischen Provinz Kanton eine Ethylenfabrik im Wert von 274 Millionen Mark bauen. Li, der mit führenden Vertretern der italienischen Industrie sprach, reist am Mittwoch weiter in die Schweiz.

Lis Besuch, der in Italien umstritten ist, wurde von vielfältigen Protesten begleitet. Als Li am Montag das Parlament betrat, wurde er vom Vorsitzenden der Radikalen Partei, Marco Pannella, heftig angegriffen. Pannella rief laut: „Es lebe der Dalai Lama, es lebe das freie Tibet, es leben die Märtyrer des Tiananmen- Platzes, es lebe die Demokratie, nieder mit den chinesischen Mördern!“ li