: Ablenkung vom Kern des Problems
■ betr.: "Möllemann will nichts gewußt haben", taz vom 24.1.92
betr.: „Möllemann will nichts gewußt haben“, taz vom 24.1.92
Nach den jüngsten Entscheidungen des Bundestages zur Verschärfung der Kontrollen bei illegalen Rüstungsexporten scheint die Welt wieder in Ordnung zu sein. Dabei wird bewußt abgelenkt vom eigentlichen Kern des Problems: So sind nach Berechnungen des Rüstungs-Informationsbüros RIB 98 Prozent aller baden-württembergischen Rüstungsexporte legal, also mit Genehmigung des Bundesamtes für Wirtschaft erfolgt. Seit dem Golfkrieg werden Waffen, Rüstungs- und Dual-Use- Güter (zivil wie militärisch einsetzbar) munter in die Golfregion weiterexportiert: Israel erhält legal U- Boote, Saudi-Arabien legal Militär- Lkws, die Türkei legal Kampfpanzer und so weiter. Die Streitkräfte verschiedener Golfstaaten erhalten Ausstattungshilfe in Millionenhöhe. Die Aufzählung ließe sich beliebig fortführen. Zudem erfolgen die Exporte von Großwaffensystemen heutzutage in der Regel über die Kooperationspartner in Großbritannien oder Frankreich — eine Praxis, die mit Schaffung einer gesamteuropäischen Exportgesetzgebung weiter an Gewicht gewinnen wird.
Der einzige erfolgversprechende Weg zur Lösung dieses Problems ist die Aufnahme des Rüstungsexportverbots in das Grundgesetz, wie von der Kampagne „Produzieren für das Leben — Rüstungsexporte stoppen“ vorgeschlagen.
Wer also ein glaubwürdiges Interesse an der realen Verhinderung von Rüstungsexporten hat, muß das zentrale Problem der legalen Exporte angehen. Wenn sich die Bundesregierung ausschließlich mit illegalen Rüstungsexporten befaßt, beweist sie einmal mehr, daß es ihr vornehmlich um die Beibehaltung der bisherigen Exportpraxis geht. Damit täuscht sie gezielt die Öffentlichkeit. Jürgen Grässling,
Rüstungs-Informationsbüro
Baden-Württemberg
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