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Wo Stalins Worte noch unvergänglich sind

■ Die sowjetischen Ehrenmäler in Berlin benötigen dringend einer Sanierung/ Der Erhalt der Denkmäler ist vertraglich gesichert, aber die Bauwerke sind schwer geschädigt/ Sanierungsaufwand wird auf 10 bis 15 Millionen Mark geschätzt

Pankow. Abgeschieden im Volkspark Schönholzer Heide im Norden Berlins, Bezirk Pankow, liegt der sowjetische Ehrenfriedhof. Kaum ein Stadtführer verzeichnet ihn, kein Schild weist den Weg zum Eingang in der Germanenstraße. Dabei liegen hier über 13.000 Soldaten der Roten Armee begraben, die im April und Mai 1945 in der Schlacht um Berlin getötet wurden.

Im Vergleich zum Treptower Ehrenmal mit seiner übermächtigen Bronzefigur des siegreichen Sowjetsoldaten nimmt sich Schönholz eher bescheiden aus. Das drei Hektar große, rechteckige Areal ist streng symmatrisch angelegt. Im Zentrum stehen die Bronzeskulptur der »Mutter Heimat« und ein 30 Meter hoher Obelisk aus Syenit, einem grauen, granitähnlichen Gestein. Das ganze Gelände ist umfaßt von einer Friedhofsmauer, der zahllose Gräber vorgelagert sind. Die uniforme, kalte Symmetrie überall macht es schwer, sich vorzustellen, daß hier wirklich Menschen begraben sind.

Neben den drei großen sowjetischen Ehrenmälern in Treptow, Schönholz und Tiergarten gibt es im Osten Berlins noch einige kleinere in Buch, Hohenschönhausen, Kaulsdorf, Lichtenberg und Marzahn. Mit dem Ende der DDR ging die Zuständigkeit für Pflege und Unterhalt zunächst an die Bezirke über. Doch die Bezirke Treptow und Pankow sind weder finanziell, noch personell in der Lage, die beiden großen Ehrenmäler zu unterhalten. Im Falle Schönholz haben sich Bezirk und Senat inzwischen geeinigt, das Gartenbauamt Pankow übernimmt die Pflege der Grünflächen, um die Sanierung der Baudenkmäler kümmert sich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz.

»10 bis 15 Millionen wird die Grundsanierung der drei großen Ehrenmäler insgesamt wohl kosten«, schätzt Obergartenbaurat Klaus von Krosigk. Ohne eine kräftige Finanzspritze des Bundes ist das nicht zu machen. Eine Million hat Bonn inzwischen überwiesen, über eine längerfristige Finanzierung wird noch verhandelt. Von Krosigk nennt die dringlichsten baulichen Maßnahmen: die Elektroversorgungen müssen erneuert, die Dächer abgedichtet werden. »Überall regnet es hinein, in Treptow stehen die Personalunterkünfte unter Wasser, das sind unmögliche Zustände.« Zudem besteht die Gefahr, daß der 13 Meter hohe Treptower Bronzesoldat beim nächsten Sturm vom 20 Meter hohen Sockel fällt. Die Baugeschichte der sowjetischen Ehrenmäler liegt weitgehend im Dunkeln. Der Senat will deshalb noch in diesem Jahr in eine der beiden Wachtürme des Ehrenmals Tiergarten einen Informations- und Archivraum einrichten.

Das Beispiel Schönholz zeigt, wie wenig gesicherte Informationen vorliegen. Standort und Konzeption wurden zentral vom Militärrat der sowjetischen Besatzungstruppen beschlossen. Die Bauarbeiten unter Leitung der »Ingenieur-Majore« Krawzow und Dubrowski begannen im Sommer 1947, knapp zwei Jahre später war die Gedenkanlage fertiggestellt.

Im hinteren Teil des Areals ist an der Umfassungsmauer ein kleines Ehrenmal errichtet worden, das an in deutschen Zwangsarbeiterlagern ermordete sowjetische Kriegsgefangene erinnert. Gleich neben der Gedenkstätte befand sich während des zweiten Weltkrieges ein solches Lager. Die Ehrung sowjetischer Kriegsgefangener an diesem Ort sei ungewöhnlich, berichtete mit Stefan Daubitz. Er gehört zu den Teilnehmern eines Seminars am Fachbereich Politische Wissenschaft der Freien Universität, die in einer Broschüre eine »Typologie« sowjetischer Kriegerdenkmäler in Berlin- Brandenburg erstellen. In seinem Beitrag über die Gedenkstätte Schönholz weist er darauf hin, daß sowjetische Kriegsgefangene in der UdSSR selbst mit »Landesverrätern« gleichgesetzt und nach der Befreiung häufig erneut interniert wurden. Noch im Jahr 1988 hat die Kreisleitung Pankow der SED eine Publikation zum Ehrenmal herausgegeben. Dort wird erstmals eingeräumt, daß auch sowjetische Bürger aus den Berliner Kriegsgefangenenlagern, die ihre Idenität nicht belegen konnten, am Bau beteiligt gewesen sein sollen. Akten, die darüber Auskünfte geben könnten, wer auf der Baustelle arbeitete und wie die Arbeiter requiriert wurden, fehlen.

Wie soll mit dem politischen Erbe der sowjetischen Ehrenmäler weiter umgegangen werden? Die BVV Tiergarten hat inzwischen vorgeschlagen, die Panzer am dortigen Denkmal zu entfernen, manchem sind auch die in Marmor gemeißelten Stalin-Zitate in Treptow und Schönholz ein Dorn im Auge. Doch Eingriffe in das Ensemble verbieten sich schon aus rechtlichen Gründen. Von Krosigk verweist hier zum einen auf den deutsch-sowjetischen Freundschaftsvertrag von 1990, der in Artikel 18 den Erhalt der sowjetischen Ehrenmäler auf deutschem Boden sicherstellt. Auch nach dem Zerfall der UdSSR sei dieser Vertrag rechtlich bindend. Darüber hinaus stehen alle drei Ehrenmäler unter Denkmalschutz.

Der Senat will all jenen, denen die Kriegerdenkmäler nicht ins Stadtbild passen, deutlich machen, daß diese einen wichtigen Teil deutscher Geschichte dokumentieren. Noch in diesem Jahr werden vor Ort Informationstafeln errichtet und eine Senatsbroschüre erstellt. Führungen sollen in Zusammenarbeit mit dem Museumspädagogischen Dienst eingerichtet werden.

Von Krosigk rechnet bei diesen Vorhaben noch mit Widerstand: »Wir werden um die finanziellen Mittel kämpfen müssen, wir werden um Verständnis in der Bevölkerung und sicher auch in einigen Fraktionen des Abgeordnetenhauses kämpfen müssen.« Vor Ort sieht man die Sache gelassener. Einer der Polizisten, die das Ehrenmal Schönholz rund um die Uhr bewachen: »Neulich war Diepgen hier und hat einen Kranz niedergelegt. Wenn der sich schon hier blicken läßt, dann wird es doch wohl auch erhalten bleiben.« Rainer Wieland

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