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Die SPD tummelt sich im Steuerstreit

■ Schröder sieht den Bund auf dem richtigen Weg zu einem erfolgreichen Kompromißangebot im Streit um die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf 15 Prozent/ Klose weiß, was Schröder meint

Bonn (afp) — Führende Politiker der Koalitionsparteien und der SPD haben sich wenige Tage vor den Beratungen des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat optimistisch über einen Kompromiß im Steuerstreit geäußert. Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) sagte der 'Welt am Sonntag‘, es gebe von einigen SPD-Ländern „hoffnungsvolle Signale, jetzt der Vernunft gegen parteitaktisches Geplänkel den Vorzug zu geben“. Der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) betonte, die Bewegung des Bundes beim Länderanteil an der Steuer gehe „in die richtige Richtung“.

Demgegenüber bekräftigte der SPD-Verhandlungsführer im Vermittlungsausschuß, der saarländische Ministerpräsident Oskar Lafontaine, sein Nein zur geplanten Mehrwertsteuererhöhung von 14 auf 15 Prozent. Waigel drückte die Hoffnung aus, daß sich die SPD-regierten Länder „gegen die Betonköpfe der SPD-Fraktion und des Parteivorstandes in Bonn durchsetzen“. Die Koalition werde zusammen mit den unionsregierten Ländern am Mittwoch im Vermittlungsausschuß einen „fairen und für den Bund finanzierbaren neuen Kompromiß“ anbieten. Die Aufstockung des Fonds Deutsche Einheit durch die höheren Mehrwertsteuereinnahmen werde den neuen Ländern eine gute Finanzierungsgrundlage bis zur Neuregelung des Finanzausgleichs ab 1995 bieten. Die Änderung des Verteilungsschlüssels zwischen Bund und Ländern bei der Umsatzsteuer zugunsten der Länder um bis zu eineinhalb Punkte auf 36,5 Prozent Anteil an den gesamten Mehrwertsteuereinnahmen und eine großzügige Auslaufregelung bei der Strukturhilfe hülfen auch den alten Ländern.

Schröder nannte als Voraussetzung für eine Zustimmung Niedersachsens zum Steuerpaket erneut die Verdopplung des Erstkindergeldes auf 100 Mark. Dies bringe „unmittelbare Einkommensverbesserungen“, während von einer Erhöhung des Steuerfreibetrages nur die „reichen Wessis“ Vorteile hätten. Als unannehmbar, weil nicht verfassungskonform, bezeichnete Schröder den Vorschlag Waigels, das zusätzliche Aufkommen aus einer Mehrwertsteuererhöhung voll in die neuen Länder fließen zu lassen. Optimistisch zeigte er sich hinsichtlich seiner Forderung nach einer aufkommensneutralen Unternehmenssteuerreform. Hier seien „möglicherweise nur noch Details zu klären“: Unsinnige Subventionen müßten weg, und statt dessen sollten mittelständische Investitionen gefördert werden, die Arbeitsplätze und mehr Umweltqualität zur Folge hätten.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Klose sagte der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘, die Mehrwertsteuererhöhung habe für die SPD auch „strategische Bedeutung“. Die SPD bleibe nicht aus „parteipolitischem Daffke“ bei ihrem Widerstand, sondern aus sozialen und ökonomischen Gründen. Zur Haltung Niedersachsens im Steuerstreit sagte der Fraktionschef, Schröder habe auch in internen Beratungen immer wieder gesagt, es komme auf das Paket an. „Ich habe Schröders Einlassung so verstanden, daß seine Konditionen zum Thema Mehrwertsteuer derart sind, daß Niedersachsen nicht zustimmt.“

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