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■ Fünf Stunden deutsch-ausländisches Fest mit 150 Beteiligten im Goethetheater am 10. Februar

DAB und Ausländer-Zentralstelle bestückten die Theater-Wände Foto: Ch.H.

Die schlechte Nachricht zuerst: Wenn Sie nicht zur besonders informierten Szene gehören und Ihr Ticket deshalb schon vorsorglich und rechtzeitig in der Schublade haben, dann müssen Sie leider draußen bleiben. Denn die 950 Karten für das Riesen-Theaterfest am 10. Februar waren innerhalb von 4 Tagen ausverkauft — ge

Foto:

„Kinder der Welt“

Bild an Wand

zielt quotiert, halb für ausländische, halb für deutsche BremerInnen. „Wir“ heißt vielsagend das Fest, organisiert, weil es „auf häßliche Weise 'in' ist, etwas gegen Ausländer zu unternehmen“, erklärte der Verwaltungschef des Goethe-Theaters, Rolf Rempe, gestern vor JournalistInnen, und: „Wir sind nicht beim Deklamie

ren stehengeblieben!“

Was es alles geben wird! Auf der großen Bühne und in den drei Foyers wechseln sich KünstlerInnen aus allen Ländern und aus Bremen ab mit notgedrungen knapp nach Minuten kalkulierten Beiträgen, zum Beispiel: 2 kurdische Lieder (4 Min.), 1 polnische Arie (4 Min.), 1 satirische Kurzgeschichte (5 Min.), 1 Mozart- Streichquintett (5 Min.). Der Opernchor hat mit dem Solidaritätschor ein türkisches Lied eingeübt (4 Min.).

Nicht nur Musik, keine Bange! Der unvergleichliche Will Quadflieg wurde als Moderator geworben, gratis übrigens, was für alle anderen KünstlerInnen auch gilt. Nach der ersten Runde auf der Bühne (19.30-21.45 Uhr) mit Gesang, Musik und Text aus verschiedenen Erdteilen und Jahrhunderten geht es auf den Etagen los. Natürlich soll nicht bloß fremde Kultur konsumiert werden, „wir wollen den Dialog unter den Gästen anreißen“, erklärte Schauspieler Wolfgang Pauls gestern. Dazu wurden eigens Karten erfunden und „Dialogon“ getauft, die jeder und jede beim Eintritt kriegt, bitteschön ausfüllen und anstecken soll: Welche Sprache spreche ich? Vielleicht kann dann ein Tamile mit einer Deutschen auf englisch z. B. über Bremen-Nord reden.

„Angerissen“ werden die Publikums-Gespräche mit eigenen Texten ausländischer AutorInnen, iranischer Literatur von Sori Ghorabani, türkischer Lyrik von Gülbahar Kültür, zwei Liedern von Johannes Brahms (Dauer unbekannt). Nach interkulturellen Begegnungen, erschwinglichen Getränken (Bier 2, Cola 1 Mark) und Speisen (5,-Reisgericht von der Awo) geben die schwarzafrikanischen Talking Drums Reggae, Soul, Funk zum Besten und zum Tanzen.

Das Engagement der 150 Mitwirkenden, der Ausländer-Zentralstelle und des DAB war groß, die Motivation großer Bremer Firmen verschwindend: Weder Beck's noch Mercedes-Benz haben eine müde Mark gesponsert oder auch nur Interesse geheuchelt, berichtete Regieassistent Jochen Biganzoli. 75 Karten gingen übrigens auf Kosten der Angestelltenkammer gratis an AsylbewerberInnen, inclusive Hin- und Rückfahrt. Die HfK entwickelte und druckte das Plakat, Sparkasse, Bremer Landesbank und Stadtwerke sponserten. Die Einnahmen sind gedacht als Polster für „weitere Aktivitäten, die Kreise ziehen sollen“, erklärte Schauspieler Pauls, der Bremen demnächst verläßt, und empfahl, „in ein oder zwei Jahren noch mal nachzufragen, ob was draus geworden ist, oder ob es eine Eintags-Fliege war.“

Susanne Paas

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