Die Menschenrechte sind unteilbar

Palästinenser wollen „jüdische Einwanderung“ und „Problem der Palästina-Flüchtlinge“ zum Thema der Nahostgespräche machen/ Knesset wird Neuwahlen für den 23. Juni beschließen  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Die Palästinenser wollen in den Nahostverhandlungen künftig auch die Einwanderung von Juden aus der früheren Sowjetunion nach Israel zur Sprache bringen. Dies kündigte Haider Abd el-Schafi, der Leiter der palästinensischen Delegation in den bilateralen Gesprächen, an, die in ein oder zwei Wochen erneut aufgenommen werden sollen. Schafis Erklärung war Teil einer Rede, die er als Ehrengast des gestrigen Kongresses der israelischen MAPAM-Partei in Tel Aviv hielt. „Wir wissen, daß Israel sich bei der Einwanderung der russischen Juden auf die Menschenrechte beruft. Wir sind für die Einhaltung der Menschenrechte, doch darf ihre Wahrung nicht auf Kosten der Rechte anderer erfolgen. Natürlich haben die Juden ein Recht auf Aus- und Einwanderung. Aber die Palästinenser haben das gleiche Recht.“

In seinem Redebeitrag deutete der Palästinenser aus dem Gaza-Streifen an, daß seine Delegation die Verbindung beider Themen auf die Tagesordnung weiterer Gespräche mit Israel setzen wird, „in der Hoffnung, daß die Lösung des Problems der Palästinenser, die 1948 mit Gewalt vertrieben wurden, im Rahmen eines Kompromisses und eines umfassenden Friedens zum Ausdruck kommt“, formulierte er mit äußerster Zurückhaltung und fügte für alle Fälle noch einmal hinzu, daß sich das Palästinensische Exilparlament 1988 in Algier für eine Anerkennung Israels und für die „Zweistaatenlösung“ ausgesprochen habe. Zugleich erhob er keine Einwände gegen die offiziell von den bilateralen Gesprächen angestrebte „Autonomie-Zwischenlösung“.

Abd el-Schafi sprach nicht vom „Recht der palästinensischen Flüchtlinge auf Rückkehr“. Damit vermied er die Herstellung einer Analogie zum „jüdischen Rückkehrrecht nach Israel“, das im israelischen Einwanderungsgesetz festgeschrieben ist. Statt dessen sprach er vorsichtig von einem „Zeichen der Anerkennung des gerechten Anspruchs der Palästinenser“. Aus seinen Äußerungen ging nicht hervor, ob die thematische Verbindung jüdischer Einwanderung und palästinensischer Flüchtlinge in den bilateralen Gesprächen mit Israel erfolgen soll oder in der Arbeitsgruppe über Flüchtlinge im Nahen Osten, die im Rahmen der Moskauer multilateralen Verhandlungen installiert wurde und ihre Arbeit unter dem Vorsitz von Kanada Ende März aufnehmen wird. Der MAPAM-Abgeordnete Jair Zaban forderte die Palästinenser auf, ein festes Versprechen zu geben, daß sie ihr „Recht auf Rückkehr“ nicht innerhalb der Grenzen des israelischen Staates verwirklichen würden. Ihre „Tätigkeit“ gegen die russische Einwanderung sollten sie einstellen.

Das gestrige Treffen der links- zionistischen MAPAM diente dazu, über die Bildung eines gemeinsamen Blocks mit zwei anderen Oppositionsparteien, Raz und Schinuj, für die vorgezogenen Neuwahlen abzustimmen. Der Knesset-Abgeordnete der Bürgerrechtspartei Raz, Jossi Sarid, erklärte, daß der neue Links-Block noch heute seine Arbeit aufnehmen werde. Innerhalb der beteiligten Parteien ist man der Meinung, daß das Wahlbündnis mit bis zu zehn Prozent der Knesset-Sitze (12 Abgeordnete) wird rechnen können. Zusammen haben die drei Parteien derzeit 10 Abgeordnete im Parlament. Heute oder morgen wird die Knesset ein Gesetz verabschieden, das den 23. Juni zum Termin für die vorgezogenen Neuwahlen und zum Ende der derzeitigen Legislaturperiode bestimmt. Die Arbeiterpartei hat sich in einem Abkommen mit der Regierung dazu verpflichtet, bis dahin weder Mißtrauensanträge zu stellen noch die anderer Parteien zu unterstützen. Damit ist die Likud-Regierung bis zum Wahltermin abgesichert.

Die führenden Politiker der Regierungspartei konnten bislang keine Einigkeit darüber herstellen, wer für die Kenesset-Wahlen kandidieren soll. Am 10. Februar tritt ihr Zentralkomitee zu diesem Zweck zusammen. Außenminister David Levy ließ bislang offen, ob er gegen Ministerpräsident Schamir oder als sein „zweiter Mann“ kandidieren wird. Vieles spricht jedenfalls dafür, daß diese Sitzung das erste große Drama im Wahlkampf wird.