piwik no script img

Grüne: Razzien gegen Junkies nur „Strohfeuer“

■ Drogenabhängige werden weiter nur vertrieben

Die polizeilichen Kontrollen von Drogenabhängigen im Steintor gingen gestern weiter. Nur wenige Abhängige trauten sich noch zu ihrem früheren Treffpunkt, auch gestern mittag kassierte ein Polizeiwagen eine ganze Gruppe ein, die an der Sielwallkreuzung herumstand. Erfolge gegen Dealer hatte die Polizeipressestelle gestern nicht zu melden.

Der „Koordinierungsausschuß“ zwischen Innen-, Sozial- und Gesundheitsbehörde, der am Montag routinegemäß tagte, hat offenbar keine Änderung der Verdrängungsstrategie beschlossen. Aus der Geundheitsbehörde verlautete nur, daß Einmütigkeit darüber bestanden habe, daß gesundheitliche Hilfen nicht behindert werden dürften. Dies würde bedeuten, daß gebrauchte Spritzen von der Polizei nicht mehr weggenommen werden — immerhin bezahlt die Gesundheitsbehörde für den Tausch von Spritzen.

Dieses gesundheitspolitische Konzept, das vor allem das Risiko von Aids-Infektionen der Drogenabhängigen mindern soll, setzt aber voraus, daß die Abhängigen unbehelligt mit ihren alten Spritzen am Sielwall-Eck vorbei in die Weberstraße gehen können. Auch gestern wurden allerdings von der Polizei gebrauchte Spritzen weiter beschlagnahmt. Für neue Anlaufstellen für Drogenabhängige, wie es dem Konzept der Dezentalisierung entsprechen würde, ist bis heute kein Geld bereitgestellt.

Die grüne „Knast-AG“ hat deshalb gestern den polizeilichen Einsatz als „Strohfeuer“ kritisiert. Ohne neue Hilfsangebote würden, so die Arbeitsgruppe unter Federführung von Fraktionsgeschäftsführers Rainer Oellerich, die Polizeieinsätze nur „die Verelendung in der Szene“ beschleunigen. „Jahrelang aufgebaute Ansätze akzeptierender Drogenarbeit werden zerstört, die Probleme nicht gelöst“, formulieren die Grünen: „Die Öffentlichkeit wird getäuscht, weil sich nach den Polizeieinsätzen nichts geändert haben wird.“ K.W.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen