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Stalin in Bayern

Gundelfingen (dpa) — Eine vier Meter hohe und neun Tonnen schwere Stalin-Statue ist Tagesgespräch unter den knapp 7.000 Einwohnern der bayerischen Kleinstadt Gundelfingen an der Donau.

Der Koloß aus Sandstein, vor einer Woche aufgestellt, lockt viele Neugierige an. Passanten kommentieren den Anblick mit „ganz interessant“ oder auch „des is a Rindviech“. Letzteres ist nicht auf den Dargestellten, sondern auf den 62jährigen Josef Kurz gemünzt, der sich vorgenommen hat, möglichst viele der einstigen Ostblock-Herrscher aus Stein gehauen oder in Erz gegossen nach Gundelfingen zu holen.

Das 1956, drei Jahre nach dem Tode des Diktators, im nordmährischen Rymarov errichtete Stalin- Denkmal soll erst der Anfang eines von Kurz geplanten „Skulpturenparks“ sein. „Ich nehme alle Großkopfeten, die Rang und Namen hatten“, sagt er. Daß er obendrein nach einem Hitler-Denkmal suche, dementiert er, auch wenn das in der Zeitung stand.

Als Besitzer eines Steinwerks mit 105 Beschäftigten verfügt er selbst über ausreichend Platz für Monumente dieser Größe. Und einen Mangel an solchen Standbildern dürfte es im einstigen Sowjetreich so schnell nicht geben. „Auch wenn Stalin der größte Massenmörder war, kann man Geschichte nicht ausradieren, indem man ihre Denkmäler kaputtmacht“, lautet des pfiffigen Schwaben eingängiges Argument.

In drei Wochen erwartet der Firmensenior als nächstes einen Lenin aus Bronze, zu welchem Preis, will Kurz nicht verraten. Ausgeschlagen hat er dagegen allein schon wegen des aufwendigen Transports die ihm sogar kostenlos von der ukrainischen Stadt Kiew angebotene Lenin-Statue. Sie mißt 40 Meter und ist damit höher als der Gundelfinger Kirchtum.

Aber zugetraut hätte Gundelfingens Bürgermeister Peter Schweizer dem Sammler diesen Kolossal-Lenin schon. Deshalb hat er vorsorglich mitgeteilt, er werde sich dem ganz entschieden widersetzen — vielleicht auch, weil der Sozialdemokrat ein direkter Nachbar des denkmalwütigen Steinmetzen ist. Schweizer mag „solche Symbole“ nicht. Wenn schon, dann würde er lieber auf Goethe oder Schiller blicken, aber nicht auf ein solches „Gruselkabinett“. Landrat Anton Dietrich hat dem Bürgermeister bereits Unterstützung signalisiert. Seine Beamten hat er angewiesen, zu prüfen, ob das Stalin- Denkmal einer amtlichen Genehmigung bedarf. Peter Richter

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