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„GUS-Hilfe“ bleibt am Ural stecken

Was sich beim Auswärtigen Amt vollmundig „Hilfslieferungen für die Staaten der GUS“ nennt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als Hilfe für nur drei der zwölf Staaten dieser Gemeinschaft  ■ Von Barbara Geier

Berlin (taz) — Von den Hilfslieferungen der Europäischen Gemeinschaft sowie nichtstaatlicher, kirchlicher und anderer karitativer Organisationen in der Bundesrepublik profitieren in diesem Winter 1991/92 von den insgesamt zwölf GUS-Staaten allein Rußland, Weißrußland und die Ukraine. Darüber hinaus werden in geringem Außmaß auch die drei baltischen Staaten Litauen, Estland und Lettland bedacht, allerdings nicht von der EG, die im genannten Zeitraum für Nahrungsmittelhilfen insgesamt 450 Ecu (rund 920 Millionen DM) nur für die Städte Moskau und St. Petersburg zur Verfügung gestellt hat.

In einer Aufstellung des Bonner Auswärtigen Amtes (AA) über „Hilfslieferungen für die Staaten der GUS“ (Stand 21.1.92), die auch über die kostenlose Hilfe von 171 deutschen karitativen Organisationen und Einzelpersonen Auskunft gibt, heißt es zwar vollmundig, Schwerpunkte der Lieferungen seien „Großstädte und Ballungsgebiete, in denen die Not der Menschen aufgrund der Versorgungsengpässe in der eigenen landwirtschaftlichen Produktion besonders groß ist“. Daß von der Hilfe allerdings neun Mitglieder der „Gemeinschaft Unabhängiger Staaten“ völlig ausgeblendet bleiben, erschließt sich erst bei sehr genauer Betrachtung der AA-Liste.

Bedacht werden damit, auch von der EG, lediglich die offenbar in jeder Hinsicht näherliegenden europäischen GUS-Länder, kaum allerdings Moldawien, das zwei von 157 aufgeführten Hilfslieferungen erhielt, und überhaupt nicht Georgien und Armenien. Gebiete der früheren Sowjetunion mit zum Teil überwiegend moslemischer Bevölkerung bekommen, soweit das AA-Papier darüber Auskunft gibt, gar nichts. Das betrifft Aserbaidschan, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan, Turkmenien und Usbekistan, wo den wenigen Berichten zufolge, die aus diesen Staaten hier eintreffen, Lebensmittel und andere Güter des täglichen Bedarfs mindestens genauso knapp sind wie in den genannten drei Haupt-Empfängerstaaten.

Nach einer Untersuchung der Deutschen Bank liegt insbesondere in den Staaten, die jetzt nicht aus der BRD mit Lebensmitteln beliefert werden, die landwirtschaftliche Produktion am Ende einer Tabelle über Wirtschaftsdaten aus der ehemaligen UdSSR. Bekanntermaßen ist der früher von Moskau organisierte Güteraustausch unter den ehemaligen Sowjetrepubliken mit der Auflösung der Union so gut wie zusammengebrochen, was unter anderem für zahlreiche GUS-Mitglieder bedeutet, daß sie aus den industriell höher entwickelten europäischen Mitgliedsstaaten kaum noch mit Medikamenten und Kleidung versorgt werden. Aber auch die Preise für Lebensmittel sind in den von der Hilfe ausgesparten GUS-Staaten ebenso wie in Rußland und der Ukraine in unerreichbare Höhen gestiegen.

Mittlerweile haben allerdings andere Geberstaaten die Versorgungslücke erkannt. Die Türkei und der Iran erinnern sich gemeinsamer historischer und religiöser Wurzeln u.a. mit Turkmenien, Aserbaidschan oder Usbekistan. Hilfsangebote für diese Staaten könnten lange abgerissene Verbindungen neu beleben. Auch Saudi-Arabien bietet in den zentralasiatischen GUS-Staaten mit und hat Interesse an finanzieller Unterstützung und Handelsabkommen angemeldet. Derweil bleibt die deutsche Hilfe am Ural stecken.

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