: Bundesbank warnt vor Währungsunion
■ Am Tag der Unterzeichnung der Maastrichter Verträge kritisiert die Notenbank den WWU-Zeitplan
Frankfurt/Main (dpa/taz) — Die Deutsche Bundesbank hat den EG- Kompromiß von Maastricht zur Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) kritisiert. Die Beschlüsse vom Dezember vergangenen Jahres „lassen eine Einigung über die künftige Struktur der angestrebten politischen Union und die erforderliche Parallelität zur Währungsunion noch nicht erkennen“, heißt es in der gestern veröffentlichten Stellungnahme des Zentralbankrats. Der Zentralbankrat, in dem neben den Bundesbankdirektoren die Präsidenten der Landesbanken vertreten sind, ist das oberste Entscheidungsgremium der Notenbank. Bundesbankpräsident Helmut Schlesinger betonte in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz, sein Haus wolle damit „auf die Probleme aufmerksam machen“.
Die Bundesbank sah sich offenbar zu ihrem Schritt am Tag der Unterzeichnung der Verträge in Maastricht gezwungen, nachdem die Kritik einzelner Mitglieder des Zentralbankrates an CDU-Mitglied Schlesinger laut geworden war, dem sie eine zu große Nähe zur Bundesregierung vorwerfen.
Das Papier sollte ursprünglich mit zwei Wochen Sicherheitsabstand zur Vertragsunterzeichnung im Monatsbericht Bundesbank veröffentlicht werden. Darin erinnern die deutschen Währungshüter an ihre Einschätzung vom September 1990, daß eine Währungsunion „eine nicht mehr kündbare Solidargemeinschaft“ sei. Sie benötige nach aller Erfahrung „für einen dauerhaften Bestand eine weitergehende Bindung in Form einer umfassenden Politischen Union“.
Kritisch setzt sich der Zentralbankrat auch mit dem Terminplan, der bis 1999 zur europäischen Einheitswährung Ecu führen soll, auseinander: Die Erfüllung der Eintrittskriterien, die die EG-Länder erfüllen müßten, dürfe „nicht durch die Terminvorgaben eingeschränkt werden“. Mit diesem Hinweis wolle man, so Bundesbank-Vizepräsident Hans Tietmeyer, auf die Gefahr aufmerksam machen, daß unter der „Drucksituation“ eines festen Zeitplanes „laxere Eintrittskriterien“ — etwa für die Haushaltsdisziplin und die Preisstabilität — zugrunde gelegt werden. Derzeit erfüllen lediglich Frankreich, Dänemark und Großbritannien die strengen Kriterien.
Die Bundesbankspitze betonte erneut, daß die vorgesehene institutionelle Ausgestaltung der Endstufe „weitgehend im Einklang“ mit ihren Empfehlungen stehe. Hervorgehoben wurde dabei das künftige europäische Zentralbankssystem. Allerdings habe sich die Bundesbank in einzelnen Punkten „klarere oder strengere Formulierungen“ gewünscht, sagte Schlesinger. Ihm sei auch klar, daß die deutsche Zentralbank durch diese jüngste Stellungnahme den Vertragstext nicht mehr beeinflussen könne.
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