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Studenten fürchten Frauen-Träume

■ Das Frauenzentrum FFBIZ, das eine Begegnungsstätte für Frauen einrichten will, gerät mit den derzeitigen BewohnerInnen aneinander

Charlottenburg. Wenn es eng wird auf dem Wohnungsmarkt, versuchen gelegentlich die Bedürftigen, sich den knappen Raum gegenseitig wegzunehmen. Derzeit droht 160 StudentInnen die Vertreibung aus ihrem Studentenwohnheim in der Charlottenburger Danckelmannstraße 46/47. In dem alten Gewerbebau, zur Jahrhundertwende als Ledigenheim für Frauen erbaut, möchte das Frauenforschungs-, -bildungs- und -informationszentrum (FFBIZ) ein Haus für Frauen einrichten. Die »Sophia Lotta« (»Die Weisheit kämpft«), wie das Projekt heißen soll, soll unter anderem Frauenzufluchtswohnungen, Frauenhotelzimmer, eine Frauensauna, Treffs für politisch interessierte Frauen und Praxen für Ärztinnen oder Rechtsanwältinnen beherbergen. Die StudentInnen erfuhren davon eher zufällig, als ein Modell des Projektes in der Bibliothek des FFBIZ — die sich in der Danckelmannstraße 46/47 befindet — verschiedenen Frauenprojekten vorgestellt wurde. Nun gehen sie auf die Barrikaden, denn weder wollen sie aus dem Haus raus, noch sehen sie eine Möglichkeit, woanders unterzukommen.

Das Haus, das nach Angaben der StudentInnen der landeseigenen GeWoBaG gehört, ist seit 1979 an das Studentenwerk vermietet, und zwar mit einem Fünfjahresvertrag, der bisher immer wieder verlängert wurde. Das Studentenwerk seinerseits vermietet befristet weiter an einzelne Studenten, was für diese rechtlich eine — verglichen mit normalen Mietverträgen — unsichere Situation ist. Nun, befürchtet Studentenvertreter Lutz Janne, würden sich die FFBIZ-Frauen hinter das Charlottenburger Bezirksamt klemmen, um Druck auf die GeWoBaG auszuüben, damit die den Vertrag mit dem Studentenwerk kündigt. Die Studenten wollen notfalls den Rechtsweg beschreiten.

Vom FFBIZ war gestern niemand zu erreichen. In einer Projektbeschreibung des FFBIZ heißt es jedoch treuherzig, daß für die »männlichen studentischen Bewohner des Hauses« der Neubau eines Studentenwohnheimes eine »zumutbare Alternative« sei. »Haben die eine Vorstellung davon, wie lang die Wartelisten für Studentenwohnheimplätze sind?« fragt Janne empört. Die studentischen Bewohnerinnen sollen nach dem FFBIZ-Konzept offenbar dort wohnen bleiben dürfen.

Das FFBIZ betreibt bereits seit mehreren Jahren die Bibliothek in dem Studentenwohnheim. Außerdem hieß es in dem FFBIZ-Konzept, daß bei diesem Haus ein Umbau ohne allzu große Investitionen möglich sei. FFBIZ-Vertreterinnen hätten zudem gesagt, so Janne, daß es in Charlottenburg praktisch keinen Platz mehr gebe, ein Haus neu zu bauen — eine etwas ungewöhnliche Argumentation in einem Bezirk, in dem derzeit der Neubau von Hunderttausenden von Quadratmetern an Gewerbeflächen ansteht. esch

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