: Einigung zwischen SPD und Koalition um Asyl?
Bonn (taz) — Die SPD-Bundestagsfraktion wird nach Auskunft ihres innenpolitischen Sprechers Gerd Wartenberg keinen eigenen Gesetzentwurf zur Neuregelung des Asylverfahrens einbringen. Vor Beginn der Fraktionsberatung des von Bundesinnenminister Seiters am Montag vorgelegten Entwurfs erklärte Wartenberg, wegen „einiger marginaler Änderungen“ sei es nicht erforderlich, daß die SPD einen eigenen Entwurf vorlege. Die meisten der strittigen Details ließen sich ohnehin nicht in einem Gesetz regeln. Wartenberg plädierte dafür, daß die Fraktion den Seiters-Entwurf „mit zwei Fußnoten“ zur von der SPD geforderten vollständigen Zuständigkeit des Bundes akzeptiert. Damit zeichnet sich nach wochenlangem Streit zwischen CDU/CSU, FDP und SPD bei der Beschleunigung der Asylverfahren eine Einigung ab. Alle Beteiligen signalisierten die Bereitschaft, einen gemeinsamen Gesetzentwurf zum Beschleunigungsverfahren mitzutragen. Er sieht vor, Asylverfahren künftig innerhalb von sechs Wochen abzuschließen.
Das Bundeskabinett will heute die europäischen Verträge, vor allem das „Schengener Abkommen“, verabschieden. Dabei wollen die Minister aus der Union deutlich machen, daß dies nur mit einer Änderung des Grundgesetzartikels 16 („Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“) möglich sei. Die Minister der FDP wollen zu Protokoll geben, daß sie eine Verfassungsänderung nicht für erforderlich halten. Die Unionsfraktion beschloß gestern, noch in diesem Monat und damit vor den Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein am 5. April den Antrag auf Grundgesetzänderung im Bundestag einzubringen. Bei der FDP löste das einseitige Vorgehen der CDU/CSU-Fraktion Befremden aus.
„Wir haben den Koalitionspartner darauf aufmerksam gemacht, daß das Einbringen eines Gesetzes durch nur einen Partner und nicht durch die gesamte Koalition gegen die Spielregeln, gegen die Kleiderordnung verstößt“, sagte Parteichef Otto Graf Lambsdorff. Die Liberalen würden sich aber „in dieser Sache nicht fürchterlich aufregen“, zumal es für den Gesetzentwurf ohnehin keine Zweidrittelmehrheit gebe.
Auch CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble erklärte, der Koalitionsfriede sei trotz unterschiedlicher Auffassung über die von ihm für „notwendig und unvermeidlich“ gehaltene Verfassungsänderung nicht gefährdet. Ferner würde damit die Koalitionsvereinbarung vom Januar 1991 in „Wortlaut und Geist“ umgesetzt. Die Verfassungsänderung sei notwendig, da Deutschland sonst zu einer europäischen Zusammenarbeit nicht fähig sei.
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