Pausenclowns

■ Ex-DT-Pantomimen im Café-Theater Schalotte

Nahe dem Café-Theater Schalotte in der Behaimstraße gibt es eine kleine Pizzeria, deren Betreiber von den Bummlern auf der nahen Fußgängerzone leben. Das passende italienische Flair im Lokal besorgt ein blasser, blond behaarter deutscher Kellner, der mit berlinertem »prego«, »grazie« und »buono Pecorino« versucht, das weltgewandte Auftreten arabischer [dit vasteh ick nich — die k'in] Pizzabäcker nachzufühlen.

Im Theater um die Ecke sind zwei weitere Umschüler am Werk. Ehemalige Mitglieder des im vergangenen Jahr abgewickelten Pantomimen-Ensembles des Deutschen Theaters versuchen mit ihrer ersten Produktion nach dem erzwungenen Verlassen des Ostberliner Hauses die Grenzüberschreitung zwischen den Theaterformen.

Kaum sind sie auf der Bühne des ehemaligen Kinos, lassen Christoph Posselt und Bernd Hahnke, die »zweifellos zu den profiliertesten Pantomimen Deutschlands« zählen und als Mitglieder »des berühmten und traditionsreichen Theaters maßgeblich die Entwicklung der Pantomime« (Info) mitbestimmten, auch schon die Hosen herunter. Eine Stimme aus dem Off quakt Befehle, und die Herren hampeln wortlos drauflos, was die Erfahrung ihrer abendfüllenden Inszenierungen wie Orfeus hergibt. Ein Boot wird hereingetragen und bevölkert. Zwei Schauspieler streiten um den Applaus, der wie in der Muppet-Show an- und abgedreht wird. Offenkundig ratlos haben die beiden Mimen ihren Zettelkasten ausgeleert und die Bruchstücke inszeniert. In dem bunten Reigen nicht zusammenhängender Bilder werden Maskenspiel, Sketches und klassische Pantomime zu einer Szenenfolge zusammengeworfen, die bestenfalls die Grenze von der großen Bühne zur Kleinkunst überschreitet. Daß es bei Tutti Paletti um den Neid geht, jene Eigenschaft aus dem unerschöpflichen Reservoire menschlicher Unzulänglichkeiten, ist nur mit Mühe nachzuvollziehen.

Schließlich befreien sich Posselt und Hanke von ihrer Bürde und spielen sich selbst. »Das hätte so schön werden können«, klagt der eine, »wenn Sie es nicht kaputtgemacht hätten.« Ihre ehrliche Ratlosigkeit muß es sein, die dem Duo beim Theaterfestival in Edinburgh 1991 euphorische Kritiken eingebracht hat. Wie zum Ausgleich wird das Publikum von den Schauspielern zu Sekt, Schokolade und Götterspeise eingeladen. Zum Schluß spielt Herr Hahnke noch einmal Georg, den Drachentöter — schön anzusehen, denn gelernt ist gelernt. Stefan Gerhard

Tutti Paletti ist noch heute und morgen um 20Uhr im Café Theater Schalotte, Behaimstraße22, zu sehen.