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Landesinteresse vor Koalitionsdisziplin

■ Der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen über sein Abstimmungsverhalten im Steuerstreit und die Koalitionskrise

taz: Herr Diepgen, als Sie am Freitag vor den Bundesrat getreten sind und Ihr Votum für das von der Bundesregierung vorgelegte Steuerpaket bekanntgaben, sind Sie da davon ausgegangen, daß Sie die Zustimmung der Berliner Sozialdemokraten haben?

Diepgen: In dem Augenblick wußte ich, daß der Kollege Meisner (der SPD-Wirtschaftssenator, d. Red.) darauf gedrängt hat, daß wir zur Stimmenenthaltung kommen. Aber in meiner Verantwortung für Berlin und angesichts des Vorlaufs hielt ich es für eine Verletzung der Kontinuität abgestimmter Politik innerhalb der Koalition, wenn ich jetzt, wie Ziethen aus dem Busch, nachdem Stolpe gute Ergebnisse erzielt hatte, nein gesagt hätte.

Sie haben damit bewußt einen Bruch der Koalitionsvereinbarung in Kauf genommen.

So würde ich es nicht formulieren, weil ich von der Kontinuität der Politik ausgehe. Und auch in der Kontinuität von politischen Aussagen darf kein Koalitionspartner ganz plötzlich frühere Positionen aufgeben und damit seinen Partner in eine unmögliche Situation bringen. Jede andere Entscheidung hätte den Berliner Senat und mich selbst desavouiert.

Um den Riß in der Koalition zu kitten, fordern die Sozialdemokraten nun, daß die CDU aktiv wird.

Ich habe darauf hingewiesen, daß ich darauf drängen werde, eine klare Definition der Abstimmungsaufträge an die Berliner Vertreter zu vereinbaren.

Herr Momper und Herr Staffelt haben aber bereits deutlich gemacht, daß ihnen das alleine nicht reicht, um den Gesichtsverlust der Sozialdemokratie zu kompensieren. Welche Leistung will die CDU erbringen, um den Bruch wieder zu kitten?

Ich sehe diese Frage nicht so. Es geht nicht um Leistung und Gegenleistung, sondern um die klare Definition der künftigen Arbeit. Und das will ich hier mal mit aller Deutlichkeit sagen: Ich verstehe, daß die Sozialdemokraten, weil sie sich offensichtlich in einer bestimmten Form festgelegt haben, gegen wen auch immer, hier Selbstverständnisfragen diskutieren müssen.

Und es ist auch keine leichte Entscheidung für mich selbst gewesen. Aber die andere Alternative wäre eine Entscheidung gewesen, mit der wir uns zwischen alle Stühle gesetzt hätten.

Sie haben in Ihrer Argumentation das Landesinteresse vor die Koalitionsdisziplin gestellt. Was bewahrt Sie und die CDU als auch Ihren Koalitionspartner SPD davor, auch zukünftig so zu verfahren? Wo bleibt da die Verbindlichkeit in der Koalition?

Entschuldigen Sie, wenn ich die Frage nicht so beantworte, wie sie gestellt wurde...

...schade...

Die Koalitionsvereinbarung muß immer im Landesinteresse sein, und wenn die Koalitionsvereinbarung gegen Landesinteressen verstößt, dann steht die Koalition zur Debatte. Deshalb stellt sich die Frage auf diese Weise nicht.

Sehen Sie noch die Vertrauensbasis gegeben?

Ja, natürlich. Das Gespräch führte

Dieter Rulff

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