: DIE FÜNFTE GEWALT - WEGE DURCH DEN MEDIENDSCHUNGEL: Cosmopolitan/Zeit/Stern
Jeder Tag bringt eine neue Losung, jede Woche eine neue Tendenz und jeder Monat einen neuen Trend — mit nichts anderem als diesem beliebigen Stuß ließen sich die bunten Blätter für allerlei Doofies füllen. Für den weiblichen Teil dieser Menschengattung erscheinen Zeitschriften wie Cosmopolitan, und so dürfen wir deren sensationelle Sichtungen als Titelgeschichte erfahren: „Der neue Mann — Was frau über ihn wissen muß“ ist natürlich genauso idiotisch, wie wir das schon vorher ahnten. Aber Autorin Ulla Fröhling kann den Banalitäten noch Überraschendes abgewinnen: „Männer — ich habe sie geliebt und gehaßt.“ Ein starker Themeneinstieg, die ersten textlichen Höhepunkte sind schon angepeilt. „Ich habe mich über sie lustig gemacht, sie verachtet und beneidet.“ — Penisneid? — „Zwei Trends lassen sich beobachten: vorwärts und zurück.“ Ullas selbstgestrickter Text kennt zwei Arten von Maschen: schlicht und kraus. Aber Frau sei Dank gibt es nun den „veränderten Mann“, und Ulla hat solche im „Männerbüro Göttingen“ getrofen: „Sie alle fühlen sich männlicher...“ — der Duft der weiten Welt unter allen Achseln — „...und man sieht ihnen an, daß sie sich mögen.“ Mag Ulla sie? „Albert, der so schön ist, daß man manchmal nicht recht zuhört, was er sagt...“ — Ulla versteht zwar nix, aber mag sie — „...beschreibt es so:...“ — wenigstens der männliche Recorder hört zu — „...,Früher habe ich so weiche Softie-Sachen getragen, Strickpullover, Cordhosen, Turnschuh. Jetzt habe ich sehr smarte italienische Schuhe. Und plane den Kauf von Hut und Mantel.“ Und als er Ulla-hasch- mich-ich-bin-die-Fröhling noch gleich im Männerbüro Göttingen nahm, ließ er selbstverständlich seine Designer-Socken an.
Pink out of Praunheim läßt sich sein derzeitiges Lieblingsspielzeug „Outen“ von niemandem wegnehmen, schon gar nicht von der ARD- Redaktion „Pro & Contra“, und so erfuhren wir am Donnerstag abend, daß selbst Helmut Schmidt bisexuell sein soll. Irgendwie könnte das passen, denn schon früher wußte der Mann nicht, wo er eigentlich hingehört. Bis heute versucht er, seine Unfähigkeit zur präzisen Analyse hinter einem langatmigen Wortschwall, bevorzugt in der von ihm mit herausgegebenen Zeit und versehen mit Vokabeln wie „staatliche Defizitwirtschaft“, „internationale ökonomische Führungsrolle“ und „höchste Staatsquote“, zu verbergen. Aber manchmal fehlt ihm die redigierende Hand, und schon kommt der schönste Blödsinn aus Schmidts Kopf direkt ans Tageslicht: „Die Naivität des früheren Präsidenten Ronald Reagan, die Steuern erheblich zu senken und zugleich die Rüstungsausgaben stark zu steigern, hat im Ergebnis zur Vernachlässigung wichtiger Aufgaben geführt...“ undsoweiterundsofort — und immer noch ist Schmidt der einzige Naive, der Unfähigkeit nicht von Vorsatz unterscheiden kann.
Der Stern bringt „Diese Woche“ ein „Interview mit dem Oberkommandierenden der russischen Truppen in Ostdeutschland“ und textet dazu eine Bildunterschrift: „Verlangt von Bonn 10,5 Milliarden Mark: Generaloberst Burlakow...“ Aktuelle Zeitungsmeldungen über die Preise für Interviews mit ehemaligen sowjetischen und heutigen GUS-Funktionären (Oberkommandierender: DM 500,-) werfen die Frage auf: Was verlangte Burlakow vom 'Stern‘?
Steinbach vorschnell: Schmerzensgeld?
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