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Abschied von Andreas Salmen

Andreas Salmen ist tot. Er starb im Alter von 29 Jahren an den Folgen von Aids. Für die taz hatte Andreas seit 1988, vier Jahre lang, als ständiger freier Mitarbeiter über die Krankheit geschrieben, der er am vergangenen Donnerstag erlegen ist. Daß Aids in dieser Zeitung ein solches Gewicht bekommen konnte und dies ungeachtet der wechselnden Medien-Konjunktur des Themas bis heute behielt, ist zu großen Teilen sein Verdienst.

Auch in der schwulen Zeitschrift 'Siegessäule‘, zu deren Mitbegründern Andreas gehörte, und später im Magazin 'Magnus‘ hat er gegen Aids angeschrieben — selten nachrichtlich, immer kämpferisch, kommentierend, immer parteiisch. Am Berliner Wissenschaftszentrum arbeitete Andreas in der Präventionsforschung und gab gemeinsam mit Rolf Rosenbrock den Band „Aids-Prävention“ heraus. Im Sommer 1989 gründete er „Act Up“ in Berlin, eine Aktions- und Selbsthilfegruppe, die den amtlichen Aids-Bekämpfern endlich „Feuer unterm Hintern“ entfachen wollte. Betroffene machten Druck, sprengten Sitzungen, ließen Pharma-Vertreter über Geldsäcke klettern und legten sich „sterbend“ vor die Delegierten des Deutschen Aids-Kongresses. Mit „Act Up“ und mit dem von ihm vorangetriebenen Berliner „Stop-Aids-Projekt“ wollte Andreas die Passivität der Betroffenen in der Aids-Krise durchbrechen, er wollte Gegenwehr mobilisieren statt stummer Erduldung.

In unseren Diskussionen in der taz ging es meist um Aids-Politik, um andere Menschen mit HIV und Aids, selten sprachen wir über seine eigene Krankheit. Daß er auf den gemeinsamen Kongressen den Therapie-Teil besorgte, bedurfte dennoch keiner Absprache. Dies durchbrach jedesmal die redaktionelle Routine und machte uns klar, daß Andreas mehr als nur Berichterstatter war. Aber er hatte den Mut, sich dieser kalten Mixtur aus Dosis-Berechnungen, Helferzellen-Arithmetik und Überlebensraten immer wieder auszusetzen. Und trotzig suchte er darin nach ein wenig Optimismus und nach einer Überlebenschance.

Andreas Salmen gehörte in Berlin zu den aktivsten in der Schwulen- und Aids-Bewegung. Es gab unter den Betroffenen niemand, der so lange so direkt und ungeschützt über Aids geschrieben hat. „Ich habe ihn dafür immer bewundert, für mich war er ein Vorbild“, sagte am Freitag Rosa von Praunheim.

Schreiben über Aids kann Leben retten. Dies war für Andreas die wichtigste Motivation. Wir wissen nicht, ob dieses Schreiben auch ihm selbst geholfen hat, mit dieser Krankheit ein wenig besser fertig zu werden. Manfred Kriener

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