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4,2% mehr für Abgeordnete

■ Grünen lehnen Erhöhung „zur Zeit“ ab / SPD und FDP beraten noch/ CDU dafür

„Die Grünen lehnen die Diätenerhöhung zum jetzigen Zeitpunkt ab“, mit dieser schlichten Feststellung reagierten die Grünen auf den Antrag des Bürgerschaftsvorstandes, die (zu versteuernde) Entschädigung der Abgeordneten von 3872 Mark monatlich auf 4037 Mark zu erhöhen. Die (steuerfreie) monatliche Aufwandsentschädigung soll gleichzeitig von 674 auf 692 Mark angehoben werden.

„Allerdings erst zum 1.1.1992“ soll die Anhebung wirksam werden, formulierte der Bürgerschaftsvorstand am 14.2.1992. „Die ohnehin angeschlagene Glaubwürdigkeit der Politik würde dadurch weiter geschwächt“, meint der grüne Fraktionsvorsitzende Dieter Mützelburg. Die Grünen hatten deshalb vorgeschlagen, die 1991 verschobene Diätenerhöhung nicht jetzt nachzuholen und auch für 1992 an die Anpassung der Diäten an die Inflation zu verzichten. Der für den Sommer zu erwartende neue Vorschlag der Diätenkommission könnte nach Vorstellung der Grünen mit der Aufstellung des Haushaltes im Herbst beschlossen werden. Generell halten die Grünen die Berechnungen der Diäten- Kommission für akzeptabel.

Deshalb hatte Christine Bernbacher, Grüne im Bürgerschaftsvorstand, den Bericht der Diäten- Kommission auch mit unterschrieben. Das dies noch in der nächsten Parlamentssitzung rückwirkend zur Abstimmung gestellt werden sollte, ahnte Bernbacher nicht: „Ich fühle mich etwas über den Tisch gezogen.“ Die Grüne Elisabeth Hackstein bezeichnet das Vorgehen des Bürgerschaftsvorstandes als „ungeheure Unsensibilität“. Über die Köpfe der Abgeordneten hinweg sei offenbar in großer Eile gehandelt worden.

Nachdem am Freitag der Vorschlag vom Bürgerschaftsvorstand beraten worden war, hatte am Montag die CDU-Fraktion darüber beraten und zugestimmt. Reinhard Metz geht davon aus, daß die Angelegenheit auch mit der SPD vorberaten ist. Die SPD- Fraktion behandelt die delikate Frage aber erst am heutigen Mittwoch.

Trotz Diätenerhöhung gibt es für die Bürgerschaft keine förmlich Ausnahme von der generellen Sparquote. vorerst fürden nur monatlich 1/13 des Haushaltsanschlages für 1992 ausgegeben werden. Dabei steigen die Kosten auch aufgrund der größeren Zahl der Deputierten ohne Abgeordnetenmandat (80 anstatt 72) und der fast verdoppelten Zahl der Deputationen (30 anstelle von 14) auch sonst deutlich. Bürgerschaftsdirektor Lindhorn weiß, daß „Sparen angesagt“ ist, weiß aber noch nicht, wo: „Richtig kreativ“ müsse mit dem Rotstift nach Sparmöglichkeiten gesucht werden. Ganz so schlimm wie in anderen Bereichen trifft es die Bürgerschaft allerdings nicht: Da Wahljahre immer für die Bürgerschaft teurer sind, war der Etat der Bürgerschaft von 1991 höher angesetzt. Da diese Höhe Ausgangspunkt der Sparquote ist, scheinen sowohl Mehrausgaben für die Deputationen wie für die Diäten verkraftbar.

Nicht geantwortet haben die Fraktionen der Ampel-Koalition bisher auf die Kritik des Bundes der Steuerzahler, die bremischen SenatorInnen seien, was ihre Altersversorgung angeht, bundesweit spitze. (vgl. taz 1.2.) Nach acht Dienstjahren steht einem ex- Senator unabhängig vom Alter ein Ruhegeld von ca. 10.000 Mark monatlich zu — die Bremer Regelungen sind nach Ansicht des Bundes der Steruerzahler weitergehend als sogar die Regelungen für Bundesminister.

Der frühere Finanzsenator Grobecker hatte am 28.2.1990 in der Bremer Bürgerschaft nach einer früheren Mahnung des „Bundes der Nichtsteuerzahler“ versprochen, „voraussichtlich in dieser Legislaturperiode“ eine Anpassung der Senatorengehälter vorzunehmen — was den Grünen Abgeordneten Tiefenbach damals so beruhigte, daß er nicht wieder nachfragte. K.W.

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