: Charité weist Vorwürfe zurück
■ Charité-Leitung: Frühgeborene wurden nie in Wassereimern ertränkt
Berlin. Die Ostberliner Universitätsklinik Charité hat entschieden die Vorwürfe zurückgewiesen, denen zufolge Frühgeborene unter 1.000 Gramm Gewicht und schwerstbehinderte Säuglinge in Wassereimern ertränkt worden seien. An die ärztliche Verpflichtung, Leben zu erhalten, habe man sich in der Charité »jederzeit« gehalten, hieß es gestern in einer Erklärung der Klinikleitung zu jüngsten Pressemeldungen. Darin war DDR-Krankenhäusern vorgeworfen worden, daß noch in den achtziger Jahren Frühgeborene unter 1.000 Gramm ertränkt worden seien, um die Statistik der Säuglingssterblichkeit zu schönen und damit internationales Ansehen zu gewinnen. Seit Montag ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Unbekannt wegen des Verdachts des Totschlags in der Charité. Die gegen die Charité erhobenen Vorwürfe seien falsch. »Zu keiner Zeit gab es einen Wassereimer im Kreißsaal«, schrieb die Charitéleitung. Diese dem langjährigen Oberarzt Dr. Horst Halle zugeschriebene Äußerung sei unrichtig. Der Arzt habe dies weder ausdrücklich noch sinngemäß gesagt.
Die Charité habe kein Interesse daran gehabt, mit Hilfe einer solchen Methode die Statistik zu schönen, zumal in den Altbundesländern noch immer keine Statistiken über Fehlgeburten geführt würden. Durch die verbesserte Ausstattung an der Klinik sei die Überlebenschance für Frühgeborene unter 1.000 Gramm von zehn Prozent im Jahr 1975 auf 70 Prozent im Jahr 1989 gestiegen.
Auch in Erfurt hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Tötung eingeleitet. Der ärztliche Direktor der Medizinischen Akademie Erfurt (MAE), Winfried Krafft, wies den erhobenen Tötungsvorwurf ebenfalls zurück. Bei Frühgeburten, bei denen die Atmung unzureichend gewesen sei, seien die Kinder maschinell beatmet worden. Krafft wiederholte, die Einordnung, ob es sich um eine Früh-, Tot- oder Fehlgeburt gehandelt habe, sei stets nach erfolglosen ärztlichen Bemühungen geschehen.
Der Leiter der Erfurter Frauenklinik, Fritz Wagner, erklärte inzwischen, seine Äußerung, auch bei pulsierender Nabelschnur sei der Wassereimer verwendet worden, habe sich nur auf nicht überlebensfähige Kinder bezogen. dpa
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen