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Umweltgruppe klagt gegen Aldi-Konzern

■ Bundesverband „Das bessere Müllkonzept“: Der Grüne Punkt täuscht die Verbraucher über Abfallverwertung

Berlin (taz) — Der Grüne Punkt beschäftigt nicht nur Supermarktkunden, sondern bald auch die Gerichte. Der Bundesverband „Das bessere Müllkonzept Deutschland e.V.“ hat beim Landgericht Duisburg Strafanzeige erstattet. Nach Meinung der Initiative würde mit dem Umweltzeichen der Eindruck erweckt, daß beispielsweise Joghurtbecher und Zahnpastatuben wiederverwertet werden. Überwiegend sei dies aber nicht der Fall.

„Das bessere Müllkonzept“ klagt gegen die Supermarktkette Aldi, weil das Unternehmen zum einen seine Ware nur in Einwegverpackungen verkaufe und zum anderen „immer unverblümter“ auf Plakaten und Broschüren die Wiederverwertbarkeit „garantiere“.

Hinter der Klage verbirgt sich ein grundsätzliches Problem. Mußte sich der umweltbewußte Verbraucher früher noch überlegen, lieber eine Milchpfandflasche statt Einwegtüte aus dem Regal zu holen, kann er jetzt auf das Flaschenschleppen verzichten. Denn der auf die Einwegverpackungen gedruckte Grüne Punkt soll garantieren, daß die Milchtüte wiederverwertet wird. Dafür soll das „Duale System Deutschland“ (DSD) sorgen, eine private Müllfirma, die den Grünen Punkt vergibt, gelbe Tonnen aufstellt und abholt. Doch die Entsorgung scheitert zur Zeit noch. Bei einem Modellversuch mit den gelben Tonnen ermittelten Aachener Wissenschaftler, daß Kunden nur ein Viertel geschäumter Kunststoffe in die Mülltonnen des DSD, den überwiegenden Teil aber weiter in die grauen Tonnen der öffentlichen Müllabfuhr warfen. Laut Töpfers Verpackungsverordnung sollen aber rund drei Viertel aller hergestellten Verpackungsmaterialien erfaßt, sortiert und stofflich wiederverwertet werden. Diese Quote müssen die Hersteller bis spätestens 1995 erreichen — sonst könnten Einwegverpackungen möglicherweise völlig verboten werden. Doch wenn der Verbraucher Pech hat, steht in seinem Stadtviertel die gelbe Tonne erst 1995. Zahlen muß er aber jetzt schon — und zwar doppelt: einmal die Gebühr für die öffentliche Müllabfuhr und den Preisaufschlag bei Produkten mit dem Grünen Punkt. Zwei bis zwanzig Pfennig macht der Aufschlag pro Verpackung aus: für eine Person bis zu 300 Mark im Jahr.

Mit ihren Vorwürfen steht die Bürgeraktion nicht allein da, auch der „Bund für Umwelt und Naturschutz“ (BUND) und die „Verbraucherinitiative“ protestieren gegen den „Recycling-Schwindel“. Die DSD wehrt sich: Sprecherin Edelgard Bially sagt, daß der Grüne Punkt seine Testphase gut überstanden habe, schon elf Millionen Bundesbürger hätten in der Nähe ihrer Haustür gelbe Tonnen stehen. Bis 1995 soll das gesamte Bundesgebiet abgedeckt sein. Bis dahin diene das Geld der Verbraucher dem Aufbau des Systems.

Bei der Aldi-Schelte soll es nicht bleiben, „Das bessere Müllkonzept“ plant weitere Strafanzeigen gegen Supermarktketten. C. Emundts

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