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Linke und ihre Minderheiten!

■ betr.: "Nackte Männer braucht das Land", (Aktportraits von Udo Hesse im Schwulencaf "Anderes Ufer" in Schöneberg), taz vom 8.2.92

betr.: »Nackte Männer braucht das Land«, (Aktportraits von Udo Hesse im Schwulencafé »Anderes Ufer« in Schöneberg), taz vom 8.2.92

Die lockere Benutzung des Wortes »schwul« in der linksalternativen Öffentlichkeit bedeutet noch lange nicht, daß man/frau den Anfechtungen des Rassismus widersteht, obwohl man Schwarze scharf findet.

So liest sich denn auch Frau Hannovers Stimmungsbericht über eine Fotoausstellung von Udo Hesse weniger wie eine Kunstkritik, eher schon aber wie der ethnologische Exkurs eines wohlmeinenden Naturforschers ins schwule Territorium, garniert mit den Ingredienzien imperialen Gehabes. Linke und ihre Minderheiten!

Dem weißen Ethnologen des 19.Jahrhunderts ähnlich, der Eingeborene nach körperlichen Merkmalen kulturell verortet und kolonisiert, verfährt auch die bekennend=»weiblich-heterosexuelle« Besucherin, sie sucht für das vorgefundene menschliche Bestiarium noch einmal die Kategorien festzuschreiben: hier Hetero, da schwule Schwule und jeder mit seinen a priori vermeintlichen Befindlichkeiten und Bedürfnissen.

Da die linke Gesellschaftskritik völlig auf den Hund gekommen ist, weil sie sich von den Gefühlen leiten läßt, verwundert es im weiteren auch nicht, daß ein recht reaktionärer Kunstbegriff wiederbelebt wird. Denn zum einen wird schön suggestiv vermittelt, daß die kulturelle Betätigung bei »Eingeborenen« vor allem der Folklore unmittelbarer Bedürfnisbefriedigung zu dienen hat, während zum anderen apodiktisch irgendwie gesagt wird, daß den ästhetischen Prinzipien eines harmonisierenden Schönheitsideals (war es nicht das der Männerwelt?) der nackte Mann zuwiderläuft. Reinhard v.d.Marwitz, West-Berlin

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