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Schneider auch VS-Mitarbeiter?

■ Der Ex-Grünen und Ex-PDS-Abgeordnete, Dirk Schneider, soll nicht nur für die Stasi, sondern auch für den Verfassungsschutz gearbeitet haben

Berlin. Der ehemalige Spitzenfunktionär der Grünen, Dirk Schneider, hat unter Umständen nicht nur für das Ministerium für Staatssicherheit gearbeitet, sondern war auch dem Landesamt für Verfassungsschutz zu Diensten. Diesen »begründeten Verdacht« äußerte gestern der SPD-Abgeordnete Dieter Hildebrandt. Er richtete in der Sitzung des Ausschusses für Verfassungsschutz eine entsprechende Anfrage an die Innenverwaltung.

Staatssekretär Armin Jäger sah sich jedoch außerstande, sich sofort zu der Mutmaßung zu äußern. Die Frage soll nun auf der nächsten Sitzung des Ausschusses erörtert werden. Gegenüber der taz erklärte Hildebrandt, daß sich Schneiders gemutmaßte Tätigkeit für den Verfassungsschutz auf den Zeitraum erstreckt, zu dem sich das Parlament mit der Affäre Telschow befaßte.

Telschow war Ende 1988 als der V-Mann des Landesamtes enttarnt worden, der auf den damaligen innenpolitischen Sprecher der SPD, Erich Pätzold, angesetzt worden war. Pätzold machte sich, als er kurze Zeit später in der rot-grünen Landesregierung Innensenator geworden war, die Bereinigung dieses und einer Reihe weiterer VS-Skandale zum Ziel.

Vorwürfe seien »absurd«

Die Reform des Verfassungsschutzes wurde von der Koalitionspartnerin Alternative Liste maßgeblich mitgetragen. Schneider war zu dieser Zeit Pressesprecher der AL- Fraktion. Sollte er zugleich Zuträger des Verfassungsschutzes gewesen sein, so dürfte das Amt exzellent darüber informiert gewesen sein, welche Pläne die Regierungskoalition zu seiner Umstrukurierung hegte.

Schneider selbst bezeichnete gegenüber der taz die Vorwürfe als »absurd«. Er habe »nie mit irgend jemandem vom Verfassungsschutz Kontakt gehabt oder geredet«.

Gegen Schneider läuft zur Zeit ein Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft. Im September letzten Jahres war der Verdacht aufgetaucht, er sei als Informeller Mitarbeiter für das Ministerium für Staatssicherheit tätig gewesen. Mitte der siebziger Jahre soll er der Stasi zugearbeitet haben. Mit seiner DDR- freundlichen Haltung habe er, so wird bei den Grünen spekuliert, vor allem die Deutschlandpolitik seiner Partei beeinflußt. Seit Januar 1991 war Schneider Abgeordneter der PDS und hat nach Bekanntwerden der Stasi-Vorwürfe im September letzten Jahres, sein Mandat niedergelegt.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen/ Bündnis 90, Renate Künast, hält es für möglich, daß Schneiders Tätigkeit für das MfS auch dem Landesamt nicht verborgen geblieben sei. Das Landesamt könnte ihn mit diesem Wissen zur Mitarbeit motiviert haben. Für die Grünen, so Frau Künast, sei es natürlich wichtig zu wissen, »ob Dirk Schneider für beide Seiten ausspähte«.

Die Fraktionschefin will mit der Beantwortung dieser Frage nicht bis zur nächsten Sitzung des Verfassungsschutzausschusses warten. Sie hat eine Sondersitzung beantragt. Die SPD hat diesem Antrag bereits zugestimmt. Dieter Rulff

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