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Illegaler Atomtransport nach Lingen

Als angeblicher Leerguttransport waren 50 Brennstäbe von Bayern nach Niedersachsen unterwegs/ Transport von Kernbrennstoffen vorerst untersagt/ Umweltminister ringen um Aufklärung  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Ein illegaler Atomtransport aus dem zum Siemens-Konzern gehörenden Brennelemente-Werk Karlstein ist am Dienstag bei den ebenfalls Siemens-eigenen „Advanced Nuclear Fuels“ (ANF) in Lingen angekommen. In einem angeblich leeren Transportbehälter wurden bei der Eingangskontrolle in Lingen 50 nagelneue Uran-Brennstäbe entdeckt, für deren Weg von Unterfranken ins Emsland natürlich keine Transportgenehmigung existierte. Ein Sprecher des Karlstein übergeordneten Siemens-Brennelemente-Werks Hanau nannte gestern einen „Verstoß gegen Kontrollvorschriften“ als Ursache für den Atomtransport.

Die 50 Brennstäbe seien in dem gleichen Behälter nach Lingen zurückgebracht worden, in dem sie wahrscheinlich am 13. dieses Monats von dort angeliefert worden seien, sagte Firmensprecher Rainer Jend. In einem Metallbehälter befänden sich in der Regel in zwei Halbschalen jeweils 50 Brennstäbe, aus denen in Karlstein Brennelemente gefertigt würden. Offensichtlich sei eine davon beim Transport vom 13.2. in Karlstein nicht geleert worden und mit einem Leerguttransport wieder nach Lingen zurückgegangen, sagte der Siemens-Sprecher.

Das ist selbst für Bundesumweltminister Klaus Töpfer ein „gravierender Vorfall“. Bis heute mittag muß Siemens den Umweltministerien in Bonn und München einen Bericht vorlegen. Am Sonntag sollen Vertreter von Siemens gar bei Töpfer zum Gespräch erscheinen. Der bayerische Umweltminister untersagte gestern alle Transporte von Kernbrennstoffen aus und in das Brennelemente-Werk Karlstein.

Nach Angaben des Umweltministeriums in Hannover sollen die 50 Brennelemente so lange in Lingen bleiben, bis man sie nicht mehr für Ermittlungen benötigt. Der BBU und der Naturschutzbund Bayern haben inzwischen Strafanzeige erstattet. Ein Sprecher des Naturschutzbundes wies darauf hin, daß in Karlstein schon früher Kernbrennstoff verschwunden sei.

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