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Wo Helden noch Super-Männer sind und bleiben

Zum Geburts- bzw. Todestag des Schriftstellers Karl May zeigt Sat.1 eine Reihe mit Verfilmungen seiner Abenteuerromane  ■ Von Harald Keller

Am 25. Februar jährt sich zum 150.Mal Karl Mays Geburtstag, am 30.März sein Todestag. Aus diesem Anlaß widmet Sat.1 dem Vielgelesenen eine kleine Filmreihe.

Die 1962 entstandenen Filmadaption des Romans Der Schatz im Silbersee lieferte die Grundlage für den überwältigenden Erfolg der Karl- May-Reihe, neben den Edgar-Wallace-Krimis die populärste der sechziger Jahre. Die Branche stand dem Projekt zunächst skeptisch gegenüber, da man mit dem Prärie-Poeten keine guten Erfahrungen gemacht hatte. Bereits die frühen, heute verschollenen Stummfilme, die der Karl-May-Verlag koproduziert hatte, waren Kassenflops gewesen, ebenso das 1935/36 gedrehte Orientabenteuer Durch die Wüste. Den 1958 gedrehten Filmen Die Sklavenkarawane und Der Löse von Babylon erging es ebenso.

Der Produzent Horst Wendtland setzte dagegen auf die Western-Epen und eine internationale Schauspielerriege, angeführt von „Winnetou“ Pierre Brice und „Shatterhand“ Lex Barker, der immerhin ein Renommee als — wenn auch zweitrangiger — Hollywood-Schauspieler mitbrachte. Damit sein Äußeres Mays Schilderungen eines vollbärtigen Westmanns entsprach, ließ man ihn zu Anfang mit umzottelten Wangen auftreten. Vor den Augen der Zuschauer rasierte er sich und konnte fortan sein markantes, säuberlich kahlgeschabtes Kinn zur Schau stellen. Zudem verwöhnte ein stets ordentlicher Haarschnitt die Augen der vorwiegend jugendlichen Zuschauer, deren Eltern darob gern das Kinogeld herausrückten.

Die Regie der 3,5 Millionen Mark teuren Produktion übertrug Wendtland dem Routinier Harald Reinl, der sein handwerkliches Geschick bereits mit Genrefilmen aller Art bewiesen und die frühen Edgar-Wallace-Filme zum Erfolg geführt hatte. Wo Reinl inszenierte, war seine damalige Ehefrau Karin Dor meist nicht weit. Ob sie im nebelverhangenen London Zeugin gar schröcklichster Verbrechen wurde oder dem Farmersohn Götz George eine treusorgende Gefährtin abgab, zumeist entsprach sie der Rolle des naiven Lämmchens — ein vom 28 Jahre älteren Reinl maßgeblich geformtes Image, das abzulegen der gelernten Schauspielerin später einige Mühe bereitete.

Die Regieleistungen des Riefenstahl-Schülers Reinl fanden im Ausland mehr Anerkennung als bei deutschsprachigen Kritikern, die noch Reinls geschichtsfälschende Kriegsfilme aus den fünfziger Jahren in unangenehmer Erinnerung hatten. Einige seiner Karl-May-Filme werden in der Cinemateque Fran¿aise archiviert, die cinephilen Skribenten der 'Cahier du Cinema‘ gehörten zu den größten Bewunderern des Trivialfilmers und waren der Ansicht, „man sollte sich jedes Jahr mindestens einmal einen Harald-Reinl- Film ansehen“. Auch im angelsächsichen Sprachraum, also im Ursprungsland des Genres, gelangten Reinls wildromantische Pferdeopern in die Kinos, allerdings zum Teil arg gekürzt und schlecht synchronisiert.

Dennoch verstieg sich die Zeitschrift 'Films and Filming‘ zur Hymne: „Ironischerweise scheinen die Deutschen im Augenblick den Western besser im Griff zu haben als die Amerikaner. Während Hollywood sich mit dem Western etwas schwer tut und sich in das Humorige und in die Aussage rettet, pflegen die Deutschen das glamouröse Western- Image unserer Jugendtage und machen Filme, in denen die Bösewichte wirklich Bösewichte und die Helden wirklich Super-Männer sind. Ich frage mich, ob die Amerikaner mit bayerischer Folklore ebenso viel Erfolg hätten.“

Der Erfolg der den Romanvorlagen nur entfernt ähnlichen Karl- May-Filme blieb nicht ohne Einfluß auf dem europäischen Markt. Horst Wendtland hatte den Beleg erbracht, daß europäische Western ihr Publikum finden können. Das Resultat dieser Erkenntnis waren etliche KoProduktionen, die im spanischen Almeria oder in der Gebirgslandschaft Jugoslawiens gedreht wurden — Initialzündung für den eigenständigen Euro- respektive Italo-Western.

Der Schatz im Silbersee , Sonntag, 23.2., 16.55 Uhr

Unter Geiern , 1. März, 17.10 Uhr

Der Ölprinz , 8. März, 17.10 Uhr

Old Surehand , 15 März, 17.10 Uhr

Außerdem im ZDF:

Die Pyramide des Sonnengottes ,

26. Februar, 19.20 Uhr

Winnetou und Old Shatterhand im Tal der Toten , 29. Februar,

20.15 Uhr

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