: Ready, Mrs. Quarterback?
■ American Football: die erste Frauschaft der „Bremen Buccaneers“
„How do you feel?“ - „Good!“ - „Are you ready?“ - „Yeah!“ Die schwer bezwinglichen Frauen von den Bremen Buccaneers.Foto: Björn Hake
Wo eigentlich Pferdehufe Pirouetten drehen müßten, rennen Menschen gebückt aufeinander zu, hechten nach Körpern, rammen einander — rabomm! „Tiefer, du mußt tiefer gehen!“ ruft einer der Trainer. Der Rat kam zu spät. Stöhnend tastet Astrid sich ab, soweit sie durch Schulterpolster, Brustkorb- und Hüftschutz, Oberschenkelpolster und Ellenbogenschoner hindurch noch etwas von ihrem Körper ertasten kann.
Nur ungefähr läßt sich ein mißmutiges Gesicht unter Helm und Gesichtsgitter, „face mask“ genannt, erahnen. Und schon rennt sie wieder auf die nächste Gegnerin zu — rabommmm!
„Tackle“-Training bei den Bremen Buccaneers in einer Huchtinger Reithalle: Die American-Football-Frauschaft bereitet sich auf die Saison vor. „Tacklen“, das heißt: den Gegner im Ballbesitz stoppen — und geschieht so ziemlich ohne Rücksicht auf Verluste. Bei den Männern ebenso wie bei den Frauen. Seit eineinhalb Jahren gibt es bei den Bremen Buccaneers, wo sonst noch eine Männer- und eine Jugendmannschaft spielen, ein Frauenteam. Mittlerweile haben sich 21 Spielerinnen, von der Bademeisterin bis zur Industriekauffrau im Alter von 15 bis 26 Jahren, zusammengefunden. Sie werden in diesem Jahr erstmals an einem bundesliga-ähnlichen Spielbetrieb teilnehmen.
hierhin bitte
die Football-Frauen,
die in die Kamera
lachen
„Vom Deutschen Football-Verband ist die Frauenliga noch nicht so anerkannt, deshalb dürfen die acht Frauschaften keinen Deutschen Meister ausspielen“, erklärt Michael Kattilus, einer der drei (männlichen) Frauen-Trainer. „Vermutlich wird es aber ab der übernächsten Saison eine richtige Bundesliga geben.“ Damit gehört Deutschland aber noch immer zu den Vorreitern — in den USA, dem Mutterland des American Football, werden Frauen nicht an den eierigen Ball gelassen.
Hierzulande fing es damit an, daß eine Frau plötzlich in einem Hannoveraner Männerteam mitspielte — das verstieß zwar nicht gegen die Spielordnung, war aber keine Dauerlösung. Und so gründete sich das erste deutsche American-Football-Frauenteam. Die Bremer Spielerinnen haben bei den Männern mal zugeguckt — „und dann wollten wir einfach auch mal.“
In voller Montur ist sie genauso breit wie hoch, die Nummer 46. Die Spielerinnen machen sich in der eiskalten Reithalle warm: „How do you feel?“ ruft der Trainer, „Good“ brüllt die Frauschaft zurück. „Are you ready?“ — „Yeah!“ Und dann müssen sie Liegestütze machen und mitzählen — „one, two, three .. sixteen“.
Im hinteren Teil der Reithalle beendet gerade die Jugendmannschaft ihr Training; in einer Reihe laufen die Jungs einmal um die Halle und klatschen rhythmisch auf Oberschenkel und in Hände, brüllen. Imponiergehabe. „Die können auch nix als Krach machen“, sagen die Mädchen verächtlich.
Poltern gehört zum American Football dazu, „aber das Spiel ist nicht einfach so'n Reingeballer“, wie Jenny (16) versichert. „Da gehört 'ne Menge Taktik dazu!“ Eigentlich ist Jenny middle-linebacker, „ich spiele aber auch backfield als safety“. Aha. Zumindest gehört sie in der Abwehr zu denjenigen, die den Raumgewinn des Gegners verhindern sollen und damit zu den Spielerinnen
„Und die Leute denken, man müßte da so ein Tier sein“
auf dem Feld, die mit dem Football gar nichts zu tun haben.
Mit dem Ball greifen nur etwa vier bis fünf Leute von insgesamt elf an, der Rest sperrt für sie den Weg frei oder verteidigt. Im übrigen darf nur die Ballträgerin angesprungen werden — immer mit dem Oberkörper voraus. „Die Verletzungsgefahr ist geringer als beim Handball“, sagt Trainer Kattilus.
Von den vier Spielen, die das Team bisher absolviert hat, hat es drei gewonnen. Gegen Hannover, den inoffiziellen Deutschen Vizemeister (nach Bamberg) mußten die Bremerinnen noch Lehrgeld bezahlen. „Wir gehen davon aus, daß wir jetzt in die Play-Offs kommen“, meint Kattilus. Und an der Visbeker Straße (die Buccaneers sind dem TS Woltmershausen angeschlossen) soll es im Sommer große Football-Tage geben.
„Klar, Freunde reagieren anfangs schon komisch“, sagt Chris. „Vor allem denken die Leute, man müßte für den Sport so ein Tier sein.“ Vorurteile stören sie aber alle nicht: „Wenn man das einmal macht, hört man nicht mehr auf!“ Susanne Kaiser
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