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Seriöse Zeiten für Ion Tiriac

Goran Ivanisevic könnte der letzte Sieger der Stuttgart Classics gewesen sein  ■ Aus Stuttgart Peter Unfried

Also standen da nach getaner Arbeit nebeneinander auf dem Center Court der Stuttgarter Schleyerhalle der Sieger Goran Ivanisevic, der Veranstalter Ion Tiriac und der Minsterpräsident Erwin Teufel.

Letzterer salbaderte etwas von „Baden-Württemberg ist glücklich, die besten Tennisspieler der Welt blabla“, und hoffte, „daß wir uns schon heute auf das Turnier 1993 freuen können“, doch ob dann auch nur einer der Drei noch zurückkehren wird ist sehr ungewiß, denn erstens stehen für Teufels CDU schwierige Wahlen an, und zweitens braute sich hinter Ion Tiriacs getönten Augengläsern längst schon wieder werweißwas zusammen!

Nicht alles ist bei den Classics so gelaufen, wie der Schnauzbart sich das zusammenaddiert hatte. Das fing schon schlecht an, als das Fernsehen zum Turnierauftakt nicht so recht mithelfen wollte, Tiriacs Verträge mit den generösen Sponsoren zu erfüllen, und jene zur besten Sendezeit bundesweit ins rechte Licht zu rücken. Die Öffentlich-Rechtlichen, zu je 50 Prozent lizensiert, setzten auf Olympia, was den Schnauzbart ins Beben brachte. Der schrie solange, drohte mit Gericht und Privaten, bis die Herren Meier-Röhn (Südfunk) und Deike (ZDF) kuschten und übertrugen. Auch wenn es keinen interessierte.

„Das sind seriöse Zeiten“, sagt Tiriac, wobei seriös in seinem Kauderwelschgeradebreche etwa soviel heißen mag, wie „knallhartes Kohlemachen“. Und seriös wie der Draculaverschnitt nun mal ist, kann es passieren, daß er seine Kohle im nächsten Jahr eben in Dortmund abbauen wird. Oder sonstwo. „So ein Turnier kann überall hingehen. Von New York bis Paris bis London.“

Zwar war die Zuschauerresonanz auch diesmal trotz gegenteiliger Behauptungen alles andere als gewaltig (Edberg und Ivanisevic spielten ihr Finale am Sonntag vor halbleeren Rängen), und auch der sportliche Wert des als bestbesetzten deutschen Turniers gepriesenen Ereignisses sank rapide mit dem frühen Ausscheiden von Boris Becker, dem Weltranglistenanführer Jim Courier und den Zenitüberfliegern Lendl und McEnroe, doch das dürfte den lieben Ion kaum kümmern.

Seine Probleme liegen tiefer. Beziehungsweise höher! Er kriegt seine VIPs nicht mehr alle in die Halle. Und für die Hummer- und Kaviartröge reicht der Platz auch nicht mehr. Vergangenen Freitag schmiß der Pragmatiker deshalb die Presse aus dem Pressebereich, um zusätzlichen Raum für die richtig Wichtigen zu schaffen. Doch weil jene Spezies sich karnickelartig zu vermehren scheint, muß Tiriac („Ich mache immer das, was ich für richtig halte“) nun „richtig“ reagieren. Nicht in erster Linie finanzielle, sondern sportliche und sogar „moralische“ Aspekte sollen die Reaktion beinflussen.

Selbige (alles eine Frage der Semantik und/oder Kauderwelschdechiffrierung!) werden wohl auch den Ausschlag dafür gegeben haben, daß der Rumäne zukünftig den Kroaten Goran Ivanisevic zu „managen“ gedenkt. Der 20jährige ist sowohl sportlich als auch moralisch gesehen eine prima Kapitalanlage! Auf seinem Spezialuntergrund, dem Stuttgarter Supreme Court fegte er im Finale Stefan Edberg einfach vom Platz.

Ivanisevics Aufschlag erwies sich als ein für Edberg nicht zu lösendes Problem, sein Sieg war somit nur eine Frage der Frequenz. Mit As Numero 32 beendete er das ungleiche Spiel (6:7, 6:3, 6:4, 6:4), kassierte 144.000 US-Dollar, kriegt 356 Weltranglistenpunkte und zieht damit an Emilio Sanchez vorbei auf Platz acht. Und das mit dickem bullet nach oben. Immerhin gelang ihm genau der Trick, auf den unseraller rotblonder Freund in der vergangenen Woche noch oberstolz gewesen war: Er schlug nacheinander die Nummern 1 (Courier im Viertelfinale) und 2! Und er kann mehr als nur servieren: „Letztes Jahr habe ich sehr schlecht retuniert, jetzt retuniere ich sehr viel besser und kann schon mal in einem Spiel zwei, drei gute Returns spielen.“

Die Frage wird nun sein, ob der Kroate auch auf langsameren Belägen und bei den wirklich wichtigen Ereignissen die Allerbesten besiegen kann. Verlierer Edberg jedenfalls fröstelt's: „Wenn er dieses Tennis spielt, kann er jeden schlagen“. Und damit die Weltrangliste noch weiter erklimmen, und zwangsläufig ganz viel Geld verdienen. Womit wir wieder bei Ion Tiriac wären, der davon dann auch einen ganze Menge abkriegen wird. Der Junge hat schon recht: Für ihn sind dies wahrlich „seriöse“ Zeiten!

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