: Mühsam vereint gegen Le Pen
Mit hauchdünnem Abstand verlor der Kandidat der rechtsradikalen Front National bei den Nachwahlen in Nizza/ Gegen Le Pen hatte sich ein Allparteienbündnis gebildet ■ Aus Paris Bettina Kaps
Die Siegerin strahlt, als hätte sie noch eine olympische Goldmedaille für Frankreich errungen: Die Kandidatin der bürgerlich-liberalen Partei UDF, Marie-Jeanne Murcia, hat am Sonntag den Vertreter der rechtsradikalen Front National, Jacques Peyrat, bei einer Stichwahl im 14. Kanton von Nizza geschlagen. Doch zum Jubel ist es noch zu früh, denn der zweite Durchgang der Nachwahl vom Sonntag war nur ein Scheingefecht. Die Siegerin wird nicht mal Gelegenheit haben, an einer Sitzung der Departements-Versammlung teilzunehmen, denn am 22. März stehen landesweit die Regional- und Kantonalwahlen an. Murcia und Peyrat werden sich erneut dem Wählervotum stellen müssen.
Zum Erfolg über den Mann Le Pens hat es nur gereicht, weil Neogaullisten, Sozialisten, Kommunisten und die Öko-Partei Generation Ecologie die UDF-Politikerin unterstützten. Für einen gemeinsamen Kampf ist der Sieg zudem sehr dünn ausgefallen: Gerade 88 Stimmen trennen Peyrat von Murcia. Die Wahlbeteiligung betrug lediglich 45 Prozent.
Die Ergebnisse des ersten Wahlgangs am vorhergehenden Sonntag hatten bei den französischen Politikern einen solchen Schrecken ausgelöst, daß sich die anderen Parteien zu einer Art „republikanischen Front“ gegen die Front National zusammenschlossen. Im ersten Durchgang hatte Peyrat nämlich mit fast 38 Prozent vorne gelegen. Die Nachwahl war notwendig, weil der vorhergehende Amtsinhaber gestorben war. Einen Antrag auf Annullierung hatte das Verwaltungsgericht wegen eines Formfehlers abgelehnt.
Es wird jedoch auch vermutet, daß der Präfekt des Departements Alpes-Maritimes, ein Vertrauter des sozialistischen Verteidigungsministers Joxe, auf der Nachwahl bestand, um die Wähler vor den Regionalwahlen wachzurütteln — was durch den anfänglichen Erfolg der FN auch gelungen ist.
Jacques Peyrat ist auch Kandidat für die Regionalwahlen und plaziert direkt hinter Jean-Marie Le Pen auf Platz zwei der FN-Liste. Die Front National profitiert in Nizza von der Fürsprache des ehemaligen Bürgermeisters und Lokalmatadors Jacques Medecin, der wegen Steuerhinterziehung verurteilt und vor 18 Monaten nach Uruguay geflüchtet ist. Dafür kandidiert jetzt seine Tochter für die FN, während seine fromme Anhängerschaft der Vater aus der Ferne zur Wahl der Front National aufrief. Bettina Kaps
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