Blamage oder Panne?

■ Der Fall Nonne wird zum Schwarzen Peter

Berlin (taz) — Der Fall Siegfried Nonne wird auch für Verfassungsschützer immer dubioser. Während das hessische Landesamt den Kronzeugen immer noch für einen glaubwürdigen Zeugen hält, wachsen bei den Kollegen der anderen Länder Zweifel. Das einzig harte Indiz, das die Berichte des Informanten stützt, ist der Fund von Sprengstoffspuren in Nonnes Keller. Wieweit diese Spuren, die nicht im Kellergemäuer, sondern auf einem Karton sichergestellt wurden, einer Überprüfung standhalten, wird die Untersuchung der Bundesanwaltschaft ergeben müssen. Darüber hinaus verschwinden alle Angaben des Kronzeugen im Nebel der Spekulationen. Unter den Sicherheitsexperten gilt der Fall Nonne mittlerweile als ebensowenig durchschaubar wie die Stasi- Enthüllungen der letzten Wochen.

Der Schwarze Peter liegt zur Zeit beim hessischen Verfassungsschutz. Dieser wird erklären müssen, warum er anfangs den früheren V-Mann als unglaubwürdig einstufte, ihn Monate später aber in Abstimmung mit der Bundesanwaltschaft zum Kronzeugen aufbaute. Als ausgesprochen unwahrscheinlich bewerten bundesweit die Mitarbeiter der Landesämter Nonnes nachgeschobene Aussage, er hätte das hessische Landesamt bereits vor dem Attentat unterrichtet.

Darin sind sie sich mit ihren hessischen Kollegen einig: Ein solcher Anruf hätte alle Alarmglocken zum Schrillen gebracht. Die einhellige Meinung: Die Hessen haben sich „nicht gerade mit Ruhm bekleckert“. Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft werden aber als Weitergabe des Schwarzen Peters gewertet, schließlich war der Generalbundesanwalt frühzeitig eingeweiht und in das Geschehen eingebunden. Was immer die Untersuchung der Karlsruher Behörde ergibt, es wird ein peinliches Ergebnis. Entweder ist der Verfassungsschutz einem wichtigtuenden Informanten aufgesessen, oder es handelt sich um die gravierendste Panne, seit nach der RAF gefahndet wird. Wolfgang Gast