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Grüne protestieren gegen Schlampereien bei Siemens

Frankfurt/Main (taz) — „Es gibt in dieser Republik keine Pommesbude, die nach einem Kakerlakenauftritt nicht sofort geschlossen würde. Es gibt aber eine Fabrik, die mit hochradioaktiven Uranbrennstäben nicht umgehen kann, die aber noch immer weiterproduzieren darf.“ Die Landesvorstände der Grünen in Hessen, Bayern und Niedersachsen haben gestern in einer gemeinsamen Presseerklärung die sofortige Schließung der Nuklearbetriebe der Firma Siemens im bayerischen Karlstein und im hessischen Hanau gefordert. Und die bayerischen Grünen zogen gestern mit Transparenten vor die Siemens-Zentrale in München: „Siemens — Atomkonzern Nr.1 — strahlt, schmiert und schlampt“. Die Grünen aus den drei Landesverbänden insistieren auf die vom Atomgesetz geforderte Zuverlässigkeit der Betreiber nuklearer Anlagen. In den Siemens-Brennelementewerken in Hanau und Karlstein sei es zu unzähligen Störfällen gekommen. In der vergangenen Woche wurden im niedersächsischen Lingen per Zufall Brennelemente in einem als „leer“ deklarierten Behälter aus Karlstein gefunden — und Bundesumweltminister Klaus Töpfer spiele noch immer den „Lakaien der Atomindustrie“. Dazu komme, daß sich Topmanager der Firma Siemens wegen des größten Bestechungsskandals der Nachkriegsgeschichte in München vor Gericht verantworten müßten. Die Grünen: „Was muß eigentlich noch geschehen, damit für den Bundesumweltminister bewiesen ist, daß die Firma Siemens nicht über die gesetzlich geforderte Zuverlässigkeit im Umgang mit radioaktiven Materialien verfügt?“

Unterdessen ergab ein Arbeitsgespräch zwischen Bundesumweltminister Klaus Töpfer und Bayerns Umweltminister Peter Gauweiler am Dienstag, daß die Sicherheitsvorkehrungen bei den Nuklearbetrieben der Firma Siemens verschärft werden sollen. Jetzt sollen Vorkehrungen technischer, organisatorischer und personeller Art getroffen werden, daß sich ein derartiger Vorfall wie der illegale Transport von Brennstäben nach Lingen nicht wiederholen kann. Das Transportverbot für Kernbrennstäbe von und nach Karlstein bleibe bestehen, teilte das Umweltministerium in München mit. Für den Nachmittag war eine mündliche Anhörung des Siemens- Vorstands im Münchner Ministerium angesetzt. Diese Maßnahme richte sich nach dem Verwaltungsverfahrensgesetz, bevor Auflagen ausgesprochen werden.

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