Raketen für Irak: Manager im Knast

Alle drei Geschäftsführer des Drensteinfurter Irak-Helfers H+H sind gestern verhaftet worden/ Vorwurf: Lieferung von Bauteilen für den Raketenbau an Iraks Diktator Saddam Hussein  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

Unter dem dringenden Verdacht des gesetzwidrigen Exportes von Maschinenteilen für den Raketenbau in den Irak ist die Drensteinfurter Firma H+H Metalform am Montag von einem Großaufgebot der Bielefelder Schwerpunktstaatsanwaltschaftschaft durchsucht worden. Die beiden Geschäftsführer der im münsterländischen Wahlkreis von Bundeswirtschaftsminister Möllemann gelegenen Firma, Dietrich Hinze und Peter M. Hütten, sowie ein leitender Angestellter wurden wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr festgenommen. Gestern nachmittag entschied der zuständige Untersuchungsrichter, daß Hinze vorerst in Haft bleibt. Der Haftprüfungstermin für die beiden anderen Beschuldigten dauerte bei Redaktionsschluß der taz noch an.

Gegen H+H Metalform wird von der Staatsanwaltschaft auch wegen Verdachts der Zulieferung von Teilen und Technologie ermittelt, die in den letzen zwölf Monaten von UNO-Inspektoren in Saddams Husseins Atomwaffenprogramm gefunden wurden. Laut dem im März 91 vorgelegten Geheimbericht der Bundesregierung über die „Beteiligung deutscher Firmen an der Aufrüstung des Irak“ soll „H+H Metalform eine besondere Schlüsselrolle bei den Bemühungen Iraks um die Technologie für die (zur Urananreicherung benötigten d. Red.) Gasultrazentrifuge gespielt haben“.

Offiziell wurde die mit mehr als 30 Beamten vorgenommene Durchsuchung der Firma von der Bielefelder Staatsanwaltschaft ausschließlich mit dem Verdacht auf Lieferung von Maschinenteilen für den Raketenbau in den Irak begründet. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft ließ jedoch offen, ob auch die Veröffentlichungen der letzten Wochen über Zulieferungen der Firma zu Bagdads Atomwaffenprogramm Anlaß zu der Durchsuchung waren. Es hieß gestern lediglich, „umfangreiches Material“ sei beschlagnahmt worden. Die Staatsanwaltschaft hat konkrete Hinweise und möglicherweise Beweise für Lieferungen an das Raketenbauprogramm in den Jahren 1988 und 1989. Im August 1990, nachdem die irakischen Truppen in Kuwait einmarschiert waren, stoppte der Zoll auf dem Frankfurter Flughafen eine für Bagdad bestimmte Kiste der H+H Metalform. Ihr als Joghurt- Abfüllanlage deklarierter Inhalt entpuppte sich als Raketenbauteil. Außerdem fanden sich in der Kiste technische Fachbücher, die nach Angaben der Firma „aus Versehen“ mitverpackt worden waren. Sie waren angeblich für die Technische Universität Bagdad bestimmt.

Bei H+H Metalform hat es in der Vergangenheit schon mehrere Durchsuchungen bzw. Prüfungen nach dem Außenwirtschaftsgesetz gegeben — auch aufgrund des Verdachtes der Zulieferungen zum irakischen Raketenbauprogramm. Was die Bielefelder Staatsanwaltschaft jetzt, mehr als anderthalb Jahre nach dem Frankfurter Fund, noch zu finden hoffte, blieb gestern zunächst offen. Ein Sprecher erklärte lediglich, in den letzten Wochen und Monaten hätten sich erhebliche neue Verdachtsmomente ergeben.

Die Mitarbeiter von H+H Metalform stellten sich gestern in einer Erklärung „geschlossen“ hinter die drei Verhafteten. Niemand bei H+H habe „wissentlich“ Raketen oder Atombomben gebaut. Es sei „erwiesen, daß kein Teil ohne Genehmigung, ohne Bestätigung des Kunden, für was er die Teile einsetzen will, und ohne Wissen der Behörden die Firma verlassen habe“.