piwik no script img

INTERVIEWRisiko Lehrter Zentralbahnhof

■ SPD-Bundestagsabgeordneter Gerd Wartenberg: Der Zentralbahnhof ist nicht bezahlbar

Gerd Wartenberg, Berliner SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Konzept- und Baukommission des Bundestages, warnt vor den Plänen des Senats, einen Zentralbahnhof an der Lehrter Straße zu bauen. Wartenberg hatte sich im vergangenen Jahr besonders für den Umzug der Bundesregierung nach Berlin eingesetzt.

taz: Herr Wartenberg, was haben Sie gegen einen zentralen Bahnhof unmittelbar am geplanten Regierungsviertel?

Gerd Wartenberg: Die technischen und finanziellen Risiken eines Hauptbahnhofs am Tiergartenrand sind zu groß. Es müßte sofort Geld bewilligt werden, und zwar über die 10,7 Milliarden für den Ausbau und die Schließung des Fernbahnringes hinaus. Die Mitglieder des Bundesrates würden zu Recht schreien, »alles Geld fließt nach Berlin«, die neuen Bundesländer hätten das Nachsehen.

Der Bundesverkehrsminister will den Zentralbahnhof in der Friedrichstraße — auch keine Billiglösung. Was stellen Sie sich vor?

Erst einmal sollte der Ring ausgebaut und ein Hauptbahnhof am Gleisdreieck, an der Yorckstraße oder Papestraße realisiert werden. Eine unterirdische Nord-Süd- Trasse — wie sie die Reichsbahn in der Friedrichstraße favorisiert — könnte man sich für später vorbehalten.

Fallen Sie mit Ihrer Kritik Berlin nicht in den Rücken?

Ein Planfeststellungsverfahren dauert mindestens drei Jahre — und da ist kein einziger Gerichtstag berücksichtigt. Vorher könnte überhaupt nicht gebaut werden. Aber bisher gibt es zwischen dem Bundesverkehrsminister und insbesondere dem Verkehrssenator nicht einmal eine Übereinkunft. Bisher wird dermaßen dilettantisch geplant — Tunnel werden mal eben mit dem Filzstift hingezeichnet. Für den städtebaulichen Wettbewerb zum Regierungsviertel müßten die drei diskutierten Alternativen zum Eisenbahnverkehr allerdings seriös durchgerechnet und halbwegs geplant sein. So wie es jetzt aussieht, würde 1998, wenn der Bundestag umziehen soll, im Tiergarten und an einem Lehrter Zentralbahnhof noch gebuddelt werden. Das würde einen Dauerkrach zwischen Bund und Berlin geben. Interview: Dirk Wildt

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen