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„Lage der Kurden katastrophal“

■ Grüne: Deutsche Kurden-Hilfe nutzt Saddam/ Bonn soll Experten zur Minenentschärfung schicken/ Westliche Demokratien zur Entsendung von Wahlbeobachtern in den Nordirak aufgefordert

Bonn (afp/ap) — Die Grünen haben der Bundesregierung vorgeworfen, mit ihrer humanitären Hilfe für die Kurden im Irak Staatschef Saddam Hussein genutzt zu haben. Da die Hilfsorganisationen über Bagdad einreisen und dort ihr Geld zu den irakischen Bedingungen umtauschen mußten, habe es „unter dem Deckmantel der humanitären Hilfe ein Subventionsprogramm“ für den Irak gegeben, sagte der Grünen-Abgeordnete im Düsseldorfer Landtag, Siegfried Martsch, gestern vor Journalisten in Bonn. Der größte Teil der deutschen Gelder für die Kurden- Hilfe sei schon vorher in der Bundesrepublik bei den Hilfsorganisationen versickert.

„Das Geld muß dahin kommen, wo es hingehört, und nicht in die Hände der Mörder fließen“, betonte Martsch, der bis vor kurzem ein Hilfsprogramm der Schweizer Caritas im Kurdengebiet geleitet und Hilfestellung in den Bereichen Medizin und Landwirtschaft geleistet hat. Die Grünen-Europaabgeordnete Claudia Roth forderte die Bundesregierung und die EG auf, sich für eine Verlängerung des UN-Mandats im Irak einzusetzen, das spätestens im Sommer ausläuft. Von der Anwesenheit des UN-Flüchtlingskommissariats (UNHCR) im irakischen Kurdistan hänge auch die Tätigkeit der nichtstaatlichen Hilfsorganisationen ab. Bonn solle außerdem Experten zur Entschärfung der Millionen von Minen in den Nordirak entsenden. Damit könne Deutschland eine kleine Entschädigung dafür leisten, daß es zur Aufrüstung des Regimes in Bagdad beigetragen habe.

Nach Angaben der Grünen-Politiker ist die Lage der Kurden nach wie vor katastrophal. Zwar habe sich das Wetter gebessert, doch die Kurden im Norden des Iraks bekommen nach Angaben von Martsch derzeit weder aus dem Irak noch aus der Türkei nennenswerte Hilfslieferungen. Die irakische Regierung habe seit Dezember keine Transporte mehr in den Norden durchgelassen und die Region abgeschnitten, in der Hunderttausende kurdischer Flüchtlinge in provisorischen Lagern leben müßten.

Die türkische Regierung habe zwar offiziell nichts gegen die Hilfslieferungen unternommen, aber den Lastwagenfahrern verboten, billigen Diesel aus dem Irak in die Türkei zu bringen. Da die Möglichkeit, durch Dieselschmuggel Geld zu verdienen, jetzt unterbunden sei, hätten die türkischen Lkw-Fahrer das Interesse verloren, Hilfsgüter nach Südkurdistan zu fahren. Früher seien täglich 200 bis 500 Lastwagen über die Grenze gekommen, heute seien es nur noch fünf bis zehn, sagte Martsch. Jetzt gebe es selbst in den Städten keine Nahrungsmittel und keine Brennstoffe mehr.

Bagdads Geheimdienst trage außerdem im Vorfeld der ersten Wahlen in Kurdistan am 3. April mit bewaffneten Übergriffen zur Destabilisierung der Lage bei, erklärten die Grünen-Abgeordneten. Martsch und Roth kritisierten, daß die westlichen Demokratien nicht zur Entsendung von Wahlbeobachtern bereit seien. Eine politische Lösung für die Kurden, statt der Errichtung von Schutzzonen und humanitärer Hilfen, sei offenbar kein Thema mehr, betonte Roth. Dabei habe es während und unmittelbar nach dem Golfkrieg geheißen, eine friedliche Lösung im Nahen Osten müsse auch die Kurden miteinbeziehen.

Bonn soll nach dem Willen der Grünen auch auf seinen Nato-Partner Türkei einwirken, damit diese ihre militärischen Übergriffe auf die Kurden in Südostanatolien und dem Nordirak einstelle.

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