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Kranke Bank auf dem Weg zur Besserung

■ Die ehemalige Gewerkschaftsbank BfG wurde 1991 von ihren Eigentümern in die Gewinnzone gehievt/ Steigt Frankreichs Credit Lyonnais bei der Neue-Heimat- und Coop-belasteten Bank ein?

Frankfurt (ap/dpa/taz) — Die kranke BfG-Bank, die nach den Neue-Heimat- und Coop-Skandalen den größten Teil der Milliardenverluste letztlich übernehmen mußte, fühlt sich auf dem Weg der Besserung. Das Frankfurter Geldinstitut habe sein Ziel, die wirtschaftliche Situation der Bank entscheidend zu verbessern, „nicht nur erreicht, sondern deutlich übertroffen“, verkündete Vorstandsvorsitzender Paul Wieandt am Mittwoch abend in Frankfurt. Die „Bank für Gemeinwirtschaft“, die sich zwar noch BfG kürzelt, ansonsten aber die durch die Skandale der Gewerkschaftskonzerne in Mißkredit geratene „Gemeinwirtschaft“ aus ihrem Namen getilgt hat, gehört heute noch zu 49 Prozent der Gewerkschafts-Holding BGAG, während die größere Hälfte seit 1986 der Versicherungs-, Banken- und Bausparkassenkonzern AMB (Aachener und Münchener Beteiligungs-AG) hält.

Unter Hinweis auf die noch vorläufigen Ergebnisse bezifferte Wieandt den Gewinn für 1991 im operativen Geschäft „vor Risikokosten“ auf rund 120 Millionen DM. Diesen Gewinn hat die BfG allerdings nicht alleine erwirtschaftet. AMB und BGAG hatten ihre Tochter mit 500 Millionen DM neuem Kapital gepäppelt und spendierten noch einmal dieselbe Summe zur Verlusttilgung. Noch 1990 wies die BfG-Bank ein Minus von fast 400 Millionen DM aus. Für 1992 rechnet Wieandt mit einem Betriebsergebnis von gut 300 Millionen DM.

Die Bilanzhilfe verschaffte der BfG etwas mehr Luft bei den höchst unsicheren Krediten an Staaten mit Finanzschwierigkeiten. Die Deckung beträgt nun statt 50 Prozent 53 Prozent. Wieandt betonte, auch dieser Wert — der trotz des mit zusätzlichen Risiken verbundenen Verfalls der UdSSR erreicht wurde — sei noch „verbesserungsfähig“. Zum Vergleich: andere deutsche Großbranken haben ihre Länderkredite zwischen 60 und 80 Prozent wertberichtigt. Die Neuausrichtung der BfG-Bank mußten 1991 etliche Beschäftigte mit dem Verlust des Arbeitsplatzes bezahlen. 1.300 Stellen wurden gestrichen; 1992 sollen noch einmal 600 Arbeitsplätze wegfallen.

Weil nicht nur die BfG, sondern auch ihre Eigentümer mit Finanzproblemen zu kämpfen haben, hofft der BfG-Vorstand bereits seit Mitte 1990 die Erweiterung des Aktionärskreises „um einen international tätigen Bankpartner“. Die staatseigene französische Großbank Credit Lyonnais bezeichnete Wieandt am Mittwoch abend als „geeignet“. Gespräche mit dem Credit Lyonnais seien geführt, aber ohne Vereinbarung zu Ende gebracht worden; alles weitere liege bei den Aktionären, sagte Wieandt zu Spekulationen um einen bevorstehenden Erwerb der BfG durch den Credit Lyonnais.

Rettet Frankreich die Ex-Gewerkschaftsbank?

Der Credit Lyonnais wäre Branchenkennern zufolge im Rahmen seiner europäischen Expansionsstrategie an einem Erwerb der BfG stark interessiert, nachdem ein großangelegtes Kooperationsvorhaben mit der Commerzbank 1991 nicht zustande gekommen war. Interesse an der fränzösischen Verbindung hätte sicherlich auch einer der Eigentümer der BfG-Mehrheitseignerin AMB, die Assurances Generales des France (AGF). Hinter der Versicherungsgigantin AGF und dem Credit Lyonnais steht derselbe Eigentümer: der französische Staat.

Die AGF hat bereits vor längerer Zeit ein Aktienpaket von 25 Prozent plus einer Aktie an der AMB erworben. Allerdings sind gut zwei Drittel davon vinkulierte Namensaktien. Mit denen kann die AGF erst dann einen entsprechenden Stimmblock bei AMB-Hauptversammlungen erhalten, wenn der AMB-Vorstand der Eintragung ins Aktionärsbuch zustimmt. Der AMB-Vorstand weigert sich jedoch, die AGF als Großaktionärin zu akzeptieren. Bei ABM befürchtet man nämlich, daß die AGF im Zuge der Arbeitsteilung der ABM lediglich das Ostgeschäft überlassen und das westeuropäische Geschäft von Frankreich aus führen will.

Gegen den ABM-Vorstand hat die AGF in der vergangenen Woche Klage eingereicht. Auf das Urteil wartet die Aktionärswelt mit Spannung: Wenn das Gericht entscheidet, daß ABM die AGF ins Aktionärsbuch eintragen muß, wäre das wohl das Ende für vinkulierte Namensaktien, mit denen viele Unternehmen versuchen, sich gegen Übernahmen zu schützen. dri

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