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Forever bad

■ Die Fluxus-Legende La Monte Young kommt nach Berlin

In Gesprächen über die Entwicklung der neueren amerikanischen Musik fällt meist sein Name. Umgekehrt proportional zu seinem Einfluß verhält sich die Anzahl seiner Auftritte. Die Rede ist von La Monte Young, der seine Bühnenbilanz in der nächsten Zeit entscheidend aufbessern wird. Morgen nämlich beginnt seine neugegründete Forever Bad Bluesband im Ballhaus Naunynstraße ihre Europatournee.

Unmittelbarer Anlaß des Berliner Konzerts ist ein bemerkenswerter Geburtstag: Die »Gelbe Musik«, der kleine Laden in der Schaperstraße mit der stadtweit größten Auswahl an abgedrehter Klangkunst, feiert sein zehnjähriges Bestehen. Als Geschenk gibt's die Weltpremiere von Young's Dorian Blues in G. Die Organisation liegt in den Händen der Freunde Guter Musik.

Nach seiner kompositorischen Ausbildung im akademischen Umfeld der seriellen Musik beschäftigte sich La Monte Young als Saxophonvirtuose mit der modalen Spielart des Modern jazz. Anfang der sechziger Jahre half er mit bei der Geburt der Concept art und verpaßte der Fluxus- Bewegung einige stilbildende Injektionen. Dann gründete er seine erste Gruppe, The Theatre of eternal Musik und begann, langandauernde Klanginstallationen unter dem Titel Dream House einzurichten, in denen die Gruppe von Zeit zu Zeit Konzerte gab. Im bläulich-roten Dämmer der Lichtinstallationen von Marian Zazeela, der Frau von La Monte Young, improvisierten die Musiker in endlosen Sessions über dem Fundament bordunartiger Sinusklänge. Mit dabei waren damals unter anderen John Cale, Lee Konitz, Terry Riley und Angus MacLise. Eine der Dream House-Installationen lief ununterbrochen sechs Jahre lang, eine Zeit, in der Young und Zazeela ständig in den Klängen lebten: keeping the Vibrations.

Im Zuge seiner Auseinandersetzung mit indischem Gesang — er wurde Schüler des Meisters des Kirana-Stils, Pandit Pran Nath — wandte sich La Monte Young zunehmend von festgeschriebenen Werkstrukturen ab — zugunsten von Improvisationen über Gruppen von ausgewählten Klängen. Dabei bedient er sich der reinen Stimmung — im Gegensatz zu der gebräuchlichen temperierten — und scheut auch nicht davor zurück, einen Bösendorfer-Flügel umzustimmen — so geschehen bei den raren Aufführungen seines magnum opus The well-tuned piano.

Rein gestimmt sind auch die Instrumente, die die Musiker bedienen werden. Davon ausgenommen ist nur der Schlagzeuger Jonathan Kane. Der knebelbärtige Meister selbst wird am Korg-Synthi zu hören sein, begleitet wird er von Jon Catler auf einer bundlosen E-Gitarre und dessen Bruder Brad am E-Baß. Young's Dorian Blues in G ist nach der kanonischen Bluesformel aufgebaut, wird aber den gewohnten Rahmen bald sprengen, sowohl was die Lautstärke angeht als auch die Ausdehnung. Einer der Musiker sagte am Telefon: »It's kind of open ended...« Frank Gertich

Am 1. März, 21 Uhr im Ballhaus Naunynstraße, N-straße 27.

Noch ein Konzert am 8. März, im Zeiss-Großplanetarium, Prenzlauer Allee 80.

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