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Ist die Parteipresse unsterblich?

Hersant-Konzern will im polnischen Blätterwald kräftig mitmischen  ■ Aus Warschau Klaus Bachmann

Während fast überall in Europa Parteizeitungen auf dem Rückzug, wenn nicht gar auf dem Weg zum Konkursrichter sind, spielt sich in Polen der umgekehrte Prozeß ab. Als die polnische Regierung den kommunistischen Monopolkonzern RSW verstaatlichte und anschließend privatisierte, verteilte sie die Titel an die politischen Gruppierungen. Das schien ihr die einfachste Art und Weise zu sein, einen pluralistischen Medienmarkt zu schaffen. Der Unabhängigkeit der Journalisten, in vierzig Jahren Diktatur ohnehin nicht gerade sehr stark entwickelt, tat sie damit keinen Gefallen. Wenn Polens Fernsehen eine politische Debatte plant, werden dazu häufig nicht die Chefs der einzelnen Parteien, sondern die Chefredakteure der einzelnen Zeitungen eingeladen. Die haben mehr Zeit als die Politiker und vertreten deren Positionen meist nicht nur eloquenter, sondern auch noch entschiedener als die Parteibosse.

Am unabhängigsten nimmt sich in dieser Medienlandschaft die Regierungszeitung 'Rzeczpospolita‘ aus, deren Redakteure Wert darauf legen, nicht länger Regierungszeitung zu sein. Seit ungefähr einem Jahr gehören der Regierung auch nur noch 51 Prozent der Aktien des Verlags. Die restlichen besitzt der französische Hersant-Verlag, der sich immer stärker in Polen engagiert. Seither werden die Redakteure in französischen Mittelklassewagen durch die Gegend kutschiert. Aus dem fast abbruchreifen ehemaligen 'Trybuna‘- Gebäude wurde ein modernes Verlagshaus mit Großraumbüros und durchgehender Computerisierung. Das einzige, was immer noch nicht funktioniert, sind die Telefone. Die aus der kommunistischen Zeit kompromittierten Politfossilien wurden abgelöst, Chefredakteur ist Dariusz Fikus geworden, der zahlreiche junge Journalisten eingestellt hat.

Seither fällt es den Lesern immer schwerer, die Zeitung einer politischen Richtung zuzuordnen. Zu Wort kommt im Grunde jeder, das mußte schon die Regierung Mazowiecki feststellen, die von ihrer damals noch hundertprozentig eigenen Zeitung in einem außenpolitischen Kommentar hart angegangen wurde. Daß die „Regierungszeitung“ an der Regierung einiges auszusetzen hat, haben bisher noch alle Regierungen verdauen können. Eine Ausnahme macht da lediglich die mitregierende „Christlich-Nationale Vereinigung“, die unlängst eine Interpellation im Parlament einbrachte, in der sie unverhüllt forderte, die Zeitung an die Kandare zu nehmen. Bis jetzt scheint die Regierung dazu allerdings keine große Lust zu verspüren.

Ein Teil vom dem, was die Christnationalen stört, macht inzwischen aber auch Polens Verlegern zu schaffen. Hersants Konzern, der in Polen an insgesamt sieben Tageszeitungen beteiligt ist, macht seit einiger Zeit durch aufwendige Werbekampagnen für seine Blätter Schlagzeilen. In Lodz puschte er die Auflage seiner 'Illustrierten Express‘ mit einer Lotterie von 40.000 auf eine Viertelmillion in die Höhe. In Danzig wollen sich daher jetzt die Nicht-Hersant- Verlage zu einem Konsortium zusammenschließen, um einer ähnlichen Attacke Paroli zu bieten. An der Ostseeküste hält Hersant Beteiligungen an zwei Blättern. Glos Wybrzeza gehört dagegen zur Kattowitzer Kredithandelsbank, die einer Bankenaffäre zum Opfer fiel und inzwischen unter Zwangsverwaltung der Nationalbank steht. Etwas besser geht's da der 'Gazeta Gdanska‘, die immerhin einem Joint-venture angehört. Dennoch: Mit Hersant kann sie kaum mithalten.

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