: Kopf-an-Kopf-Rennen in Kamerun
■ Erste Trends: Oppositionspartei UNDP erfolgreich
Jaunde/Berlin (ap/ips/taz) — Eine Wahlüberraschung scheint sich in Kamerun anzubahnen: Bei Auszählung der Stimmen für die erste freie Parlamentswahl zeichnete sich gestern ein unerwartet hoher Anteil für die oppositionelle „Nationale Union für Demokratie und Fortschritt“ (UNDP) ab. Wie ein Mitarbeiter der Wahlleitung in Jaunde vor Journalisten sagte, „steht es Kopf an Kopf“ zwischen der Oppositionspartei und der bislang allein regierenden Einheitspartei „Demokratische Sammlung des Kamerunischen Volkes“ (RDPC) von Präsident Paul Biya.
Das Innenministerium weigerte sich, Teilergebnisse der Wahl bekanntzugeben. Es teilte lediglich mit, daß die Wahl „ruhig und frei“ verlaufen sei und bedauerte „einige Zwischenfälle“ im Westen und Nordwesten des Landes.
Sollte sich das Ergebnis bestätigen, wäre es eine Sensation. Mit einem der RDPC auf den Leib geschneiderten Wahlgesetz hatte der seit zehn Jahren regierende Paul Biya versucht, den ersten Schritt zur Demokratisierung zu seinen Gunsten zu entscheiden. Aus Protest gegen die ungleiche Verteilung der Wahlkreise, gegen Unregelmäßigkeiten bei der Erstellung des Wahlregisters und gegen die Weigerung Biyas, eine demokratische Kontrolle seiner Macht ins Auge zu fassen, hatten die meisten Oppositionsparteien die Wahl boykottiert. Am vergangenen Dienstag hatte die Armee führende Mitglieder mehrerer dieser Parteien verhaftet. Das als Unruheherd geltende Universitätsgelände der Hauptstadt Jaunde war für die Stationierung von Soldaten geräumt worden.
Noch am Samstag hatten einige Oppositionsgruppen zu einem Generalstreik aufgerufen, der vor allem im Westen des Landes befolgt wurde. Große Truppenkontingente wurden zum Wahltag in Oppositionshochburgen wie Bamenda, Duala und Garoua verlegt, wo es mehrmals am Rande von RDPC- Wahlkundgebungen zu Zusammenstößen gekommen war.
Garoua, wichtigste Stadt des Nordens, gilt als Hochburg der jetzt erfolgreichen UNDP. Diese hatte sich vor zwei Wochen entschlossen, den Wahlboykott der Opposition nicht zu befolgen. Die Entscheidung folgte auf einen Führungswechsel in der Partei im Januar, als der aus dem nigerianischen Exil zurückgekehrte Maigari Bello Bouba den bisherigen Parteiführer Samuel Eboua ablöste.
Unter dem ersten kamerunischen Präsidenten Ahmadou Ahidjo saß Bouba in der Regierung; als Paul Biya 1982 Präsident wurde, machte er Bouba zu seinem Premierminister. Nach einem angeblichen Putschversuch im Jahre 1984 wurde Bouba entlassen und ging ins Exil. In seiner nördlichen Heimat, dem schmalen kamerunischen Gebietsstreifen zwischen Nigeria und Tschad, war die Repression daraufhin besonders groß. Boubas Aufstieg an die Spitze der UNDP hat diese in den Augen mancher Beobachter zu einer „Partei des Nordens“ gemacht, der die Benachteiligung dieser Region gegenüber dem von Biya bevorzugten Süden zur Sprache bringt. D.J.
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