: Giftgasblase in der Ostsee unmöglich?
■ Deutsche und dänische Behörden glauben nicht an Giftgasblase/ Gift sei bereits ausgelaufen
Berlin (taz/dpa) — Die schleswig- holsteinische Landesregierung und auch die zuständigen dänischen Behörden glauben nicht an eine Giftgasblase in der Ostsee vor der Insel Bornholm. Uwe Schell vom Kieler Umweltministerium hielt den Bericht über die Blase ganz einfach für „Quatsch“. In Kiel sei „kein deutscher Wissenschaftler bekannt“, der an Untersuchungen bei Bornholm beteiligt gewesen sein könnte. „Wir haben alle uns Bekannten abgefragt.“
Nach einem Bericht der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung‘ war eine gigantische 395 Meter lange Blase vor Bornhholm geortet worden. Am gleichen Ort hatten die Aliierten nach dem Krieg 30.000 Tonnen Giftgasbomben und Granaten versenkt.
Der bei der dänischen Armee für die Analyse biologischer und chemischer Kampfstoffe zuständige Oberstleutnant Peter Lemonius sagte, er halte die Angaben für sehr unwahrscheinlich. Lemonius begründete seine Haltung damit, daß die versenkten Bomben und Behälter so weit verstreut seien, daß nach einem Durchrosten größere Ansammlungen nicht zu erwarten seien. Auch Horst Gaul, Chemiker am Bundesamt für Seeschiffahrt und Hydrographie in Hamburg, hielt die Giftgasblase vor Bornholm für „ziemlichen Unfug“.
Zwar sei das Sedimentgestein vor Bornholm aus natürlichen Gegebenheiten porös und gashaltig. Dort gebe es Methan, Kohlendioxid und Schwefelwasserstoff. „Die Annahme, darunter befände sich auch Giftgas, entbehrt jeder Grundlage.“ So sei bei Untersuchungen im Kleinen Belt bereits Anfang der siebziger Jahre lediglich eine von unzähligen versenkten Wehrmachts-Granaten noch gefüllt gewesen. Eine Verseuchung der Umgebung sei nicht zu registrieren gewesen.
Michael Braungart vom gemeinnützigen Hamburger Umweltinstitut hält es dagegen für wahrscheinlich, daß Giftgas in den Ostseeboden eingesickert sein könnte. Zwar sei eine Katastrophe durch eine Giftgasblase in der Ostsee „relativ unwahrscheinlich“, das Risiko existiere aber. Daß jetzt eine solche Blase entstanden sein könnte, könne mit der „stabilen Strömungslage“ durch den milden Winter zusammenhängen. ten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen