: Hemelingen: Grundstücksverkäufe rechtswidrig
■ Planungsamt gibt Maßvorlage für Fücks / Jäger legt Widerspruch ein
Fast drei Stunden wurde gestern im Senat gerungen, dann war es klar. Diese Runde im Dauer- Clinch um die Zukunft der Hemelinger Marsch geht an den grünen Senator Ralf Fücks. Der hatte seine KollegInnen mit einer Vorlage aus seinem Planungsamt begrüßt, das den Ankauf des Geländes durch die HIBEG wegen Unvereinbarkeit mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung nicht genehmigt hatte.
Zur Erinnerung: Im vergangenen August hatte die stadteigene Hanseatische Industrie Beteilungsgesellschaft (HIBEG) im Schnellverfahren und unter Umgehung der Bürgerschaft die gesamte für Gewerbe angedachte Fläche in der Hemelinger Marsch erworben. Kostenpunkt: 25 Millionen Mark. Doch der Blitzkauf hatte einen entscheidenden Schönheitsfehler, der den Möchtegern-Gewerbe-Ansiedlern jetzt zunächst zum Verhängnis wurde. Denn im Flächennutzungplan, der die rechtsverbindliche Grundlage für alle Planungsentscheidungen ist, wird die Hemelinger Marsch schlicht als landwirtschaftliche Fläche geführt, gut für Kuh und Kartoffel. Noch nicht einmal die vorbereitenden Untersuchungen, daß das Gelände auch für die Ansiedlung von Gewerbe geeignet ist, liegen bislang vor.
Bevor der Kaufvertrag nun letztendlich rechtgültig wird, mußte das Planungsamt eine sogenannte Teilungsgenehmigung aussprechen. Eine solche Genehmigung kann nach dem Bundesbaugesetz versagt werden, wenn keine Angabe über den künftigen Verwendungszweck gemacht wird. Und genau dazu fehlen die verbindlichen politischen Beschlüsse der Stadtbürgerschaft, obwohl die Absicht der HIBEG, dort Gewerbe anzusiedeln, bekannt ist. Wenn eine planungsrechtlich unzulässige Gewerbenutzung von vornherein bekannt sei, meint das Planungsamt, dann müsse ein ein Antrag auf Genehmigung zwingend abgelehnt werden.
„Dies ist keine Entscheidung in der Sache. sondern ein Konflikt um das Planungsrecht“, meinte Stadtentwicklungssenator Ralf Fücks nach der Senatssitzung vor der eilends herbeigerufenen Presse. Die Stadtentwicklung dürfe sich nicht durch wirtschaftliche Transaktionen der HIBEG einschränken lassen. Sonst würden vollendete Tatsachen geschaffen, die ein späteres Nein zum Gewerbe in der Marsch unmöglich machten. Diese Entscheidung solle aber vom künftigen Gewerbeflächenplan abhängig gemacht werden.
„Ich halte die Entscheidung und die Begründung für falsch“, widersprach Wirtschaftssenator Claus Jäger. Der Ermessensspielraum sei von der Behörde falsch ausgelegt worden. Als der Kauf getätigt worden sei, sei die Brisanz der Teilungsgenehmigung „gar nicht bekannt gewesen.“ Jäger: „Nur weil bei Landwirten alle Grundstücke auf einem Grundbuchblatt stehen...“
Doch für die nächste Runde im Kampf hat der Senat Jäger neue Hoffnung gemacht. Der hat für die HIBEG bereits angekündigt, daß er gegen die Entscheidung des Stadtplanungsamtes Widerspruch einlegen wird. Darüber wird die Rechtsabteilung der Fücks-Behörde entscheiden, nicht ohne daß der Senat noch einmal kräftig Einfluß nehmen wird. Gemäß §120 der Landesverfassung will die Bremer Regierung zuvor noch ihre Entscheiung treffen, die aber wiederum für die Umweltbehörde rechtlich nicht bindend ist.
Vor dem Sommer ist das Ende der nächsten Runde nicht zu erwarten. Zuvor könnte aber ein kräftiger Nasenstüber vom Rechnungshof die Verfechter eines Gewerbegebietes noch einmal von den Beinen holen. Der Rechnungshof hatte in einer Aufforderung um Stellungsnahme durchblicken lassen, daß es erhebliche Bedenken gegen den Ankauf durch die HIBEG und den dabei vereinbarten Preis gibt.
hbk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen