Lafontaine sorgt für Krach in der SPD

Der saarländische Ministerpräsident will die Maastricher EG-Verträge im Bundesrat ablehnen/ Widerstand aus den eigenen Reihen/ Parteipräsidium muß sich mit dem Fall beschäftigen  ■ Aus Bonn Andreas Zumach

Nach dem gerade beendeten Streit um die Mehrwertsteuer bahnt sich innerhalb der SPD eine Auseinandersetzung um die Maastrichter Verträge zur europäischen Wirtschafts- und Währungsunion an. Das Thema steht am nächsten Montag auf der Tagesordnung des Parteipräsidiums.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende, Saarlands Ministerpräsident Oskar Lafontaine, hatte beim Aschermittwochstreffen seiner Partei angekündigt, er werde die Verträge in der vorliegenden Form im Bundesrat „auf jeden Fall ablehnen“. Sie seien „ökonomisch nicht durchdacht“. In zehn schriftlich formulierten Thesen „zu den künfitigen Aufgaben der deutschen Politik“ begründet Lafontaine seine Haltung insbesonders mit dem länger als erwartet dauernden wirtchafltichen Aufbau in den ostdeutschen Bundesländern. Dadurch sei „die Zeittafel“ der Maastrichter Verträge fragwürdig geworden.

Die europapolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Wieczorek-Zeul forderte in einer Erklärung „Nachbesserungen“ der Verträge. Insebesondere solle der Bundestag aus Anlaß der Ratifizierung in einer „Klarstellen, daß es für ihn keinen Automatismus beim Übergang von der 2. Stufe der Währungs- und Wirtschaftsunion in die 3. Stufe einer einheitlichen, gemeinschaftlichen gemeinsamen europäischen Währung geben „könne ohne eine vorherige erneute Entscheidung des Bundestages. Die SPD habe „bisher in den Frgen der Bewertung von Maastricht alle Verfahrensschritte in Präsidium und Vorstand der Partei einhellig festgelegt und entschieden“. In offensichtlicher Anspielung auf Lafontaines Äußerungen warnte Wieczorek-Zeul vor „Soloaktionen“.

Der Vorsitzende der deutschen Sozialdemokraten in der sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Dr. Gerhard Schmid erklärte in einem Interview mit der taz, Nachbesserngnen bedeuteten „zunächst nicht, daß die Verträge neu verhandelt werden“müßten.

Der wirtschaftspolitische Sprcher der SPD-Bundestagsfraktion, Wolfgang Roth, forderte zwei weitere Nachbesserungen: die Stärkung der Rechte des Europäischen Parlamentes sowie die Herstellung „stärkerer Konvergenz“ zwichen den den Haushalts-, Sozial-und Steuerpolitiken. Roth lehnte die von Lafontaine hergestellt Verknüpfung zwischen der wirtschaftlichen Situation in den ostdeutschen Ländern und einer Zustimmung zu den Maastrichter Verträgen ausdrücklich ab. Auf die Frage, ob die SPD-Fraktion im Bundestag die Verträge ablehnen solle, wenn diese nachbesserugnen nicht realisiert werden, vermied Roth eine eindeutige Festlegung.

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