Ritterlicher Kollege

■ Platzhirsch Streibl schlägt zu/ Cronenberg hilft

Am Aschermittwoch, wenn eigentlich schon alles vorbei ist, bewirft das Führungspersonal der südlichen Länder sich nach Kräften mit Schlamm. Am Donnerstag wird — unter Männern — wieder auf Normalton geschaltet.

Nur hat sich mittlerweile eine Frau unter dieses Führungspersonal gemischt. Es war ja zu befürchten: das ohnehin niedrige Niveau des Normaltons, den Politiker pflegen, wenn sie über Politikerinnen reden, sinkt in Aschermittwochslaune in unbeschreibliche Niederungen. „Mäuschen“ und „Krampfhenne“ befand Max Streibl, bayerischer Ministerpräsident, über seine sozialdemokratische Herausforderin Renate Schmidt. In carneval veritas — so denken Männer immer noch über Politikerinnen. Schwamm drüber.

Nein! Einer denkt anders und will sogar, daß Streibl sich entschuldigt. Dieter-Julius Cronenberg, Liberaler und Bundestagsvizepräsident, hat sich seiner Kollegin ritterlich zur Seite gestellt. Die Äußerungen Streibls gehen ihm „entschieden zu weit“. Cronenberg: „Sollten sie dem Ministerpräsidenten in der biergeschwängerten Stimmung der Nibelungenhalle nur rausgeruscht sein, wird es ihm als Ehrenmann sicher nicht schwerfallen, sich zu entschuldigen.“ Sind sie Streibl rausgerutscht? Ist er ein Ehrenmann? Entschuldigt hat er sich jedenfalls noch nicht. Und die Stimme des Dieter-Julius Cronenberg steht allzu einsam in der Landschaft. Eigentlich fällt nun erst recht auf, daß andere zur Sache schweigen, zum Beispiel Renate Schmidts Kollegin im Bundestagspräsidium, Präsidentin Rita Süssmuth. Oder Johnny Klein, CSU-Kollege im Amt. Oder die SPD-Parteioberen. Lob also für Cronenberg, allerdings in Maßen. Der ritterliche Kollege handelte nicht auf eigene Faust, sondern reagierte erst auf eine Anfrage des sozialdemokratischen Pressedienstes. Tissy Bruns