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SOMNAMBOULEVARD — TRAUMPARTNERTAUSCH Von Micky Remann

Das Bewußtsein, dieser ideelle Gesamtozean, schwappt über die Dämme der Soloperson und ist Beweis dafür, daß alles geht, was ein Mensch für unmöglich hält.

Bei uns liegen transpersonale Traum-Kooperativen derzeit schwer im Trend, Traum-Tausch ist der Saisonhit, und oft hört man die Frage: „Bei wem läßt du träumen?“ So wird's gemacht: Du verabredest mit einem Freund, daß du heute nacht nicht deine eigenen, sondern seine Träume träumen wirst. (Wiederhole diesen und die folgenden monogeschlechtlichen Sätze in der weiblichen Form!) Das ist locker machbar, weil du ja auf dem Somnamboulevard Zugang zu allen Archetypen hast, somit eine Trennung zwischen Ich und Nicht-Ich kaum existiert. Du bittest also den Tauschpartner, deinen Traum leihweise zu übernehmen, und vermutlich genießt er deinen Alp als Abenteuerfilm, auf den er im eigenen Traum nie gekommen wäre. Das wiederum erspart dir jähes Aufschrecken und zittrigen Zigarettenkonsum unter der Nachttischlampe. „Los, erzähl schon, was habe ich geträumt?“ fordert mich eben meine Traumpartnerin auf.

„Das war so“, erkläre ich ihr, „du fuhrst mit deiner Mutter im Kadett, der dann mit Vergaserschaden liegen blieb, aber da wart ihr schon am Ziel. Du warst im Streß, weil du der Mutter deine Wohnung zeigen wolltest. Es stellte sich heraus, daß dort inzwischen drei dir fremde Jungs eingezogen waren. Nette Kerle, aber doch nicht das, was man eine angenehme Überraschung nennt, wenn man der Mutter mit soliden Verhältnisse imponieren will. Einer, der Kaspar hieß und den du zu kennen glaubtest, bot euch einen Kanten Brot an. Du gingst dann durch die Wohnung und suchtest dein Zimmer, fandest dich aber überhaupt nicht zurecht. ,Das ändert sich ja so schnell wie im Traum!‘ sagtest du, ohne dir der Ironie des Gedankens bewußt zu sein, was mich natürlich, träumend, besonders amüsierte. Nun füllte sich der Raum, die Jungs bekamen Besuch, und in deinem Unmut riefst du: ,Immer wenn ich wiederkomme, ist die WG versyphter als vorher!‘ und wolltest weiter klagen, doch da kam Papst Woityla und verteilte Autogramme einer französischen Chansonette. Prompt sangen alle ihren letzten O-la-la- Ohrwurm mit, und das kam so gruppensympathisch 'rüber, da war Stammesfeeling und Rhythmus, daß du selig miteinstimmtest. Dein Groll war weg, Wärme umfing dich, du liebtest alle und dachtest: ,Das ist doch genau, was ich immer wollte!‘ Und damit“, sage ich zur Tauschpartnerin, „war dein Traum zu Ende. — Aber was war bei mir los?“

„Sei froh, daß du es nicht selber träumen mußtest“, sagt sie mit steinernem Blick. „Denn du gingst im Wald, es dunkelte schon, als vom Hügel einer auf dich zukam im weißen Anzug und mit einer roten Axt in der Hand. Du wolltest wegrennen, bloß, da kam von hinten der andere mit blitzendem Messer. Und was für ein Glück, daß ich nicht weitererzählen muß, weil genau jetzt deine Kolumne zu Ende ist.“

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