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Die Tekknologie der Sause

■ Laserharfen, Live-Videos und fixe DJ's: In einer Werkshalle steigt eine Tekkno-Party für 1.500 Leute

Mann,

lächelt

Frank Barufke, bremischer FetenmacherFoto: schak

Seit Jahren geht der gelernte AStA-Kulturreferent Frank Barufke (30) an kaum einer Scheune mehr vorbei, ohne dort eine Party zu veranstalten. Bislang waren's eher private Feten; in gut einer Woche aber folgt Barufkes erster kommerzieller Coup für großes Publikum. Da räumt er eine alte Waller Fabrikhalle aus und baut sie um: zu einem Tekkno-Tanztheater für eine Nacht. Die taz wollte schon vorher alles wissen.

taz: Der „Tekkno“-Maschinensound wird als Partymusik immer noch beliebter.

Frank Barufke: Naja, ewig wird das auch nicht weitergehn. Aber mir gefällt an Tekkno die extreme

Tanzbarkeit: schnell und hart, alles synthetisch produziert, richtig zum Reinfallenlassen. Tekkno schwemmt auf massive Weise alles andere davon. Da ist man eins mit Musik und Licht.

Deshalb gehen die meisten Tekkno-Parties endlos dahin.

Ja, bloß in Bremen hat's das in dem Sinn noch nicht gegeben.

Ihr fangt ja nächste Woche in Walle schon ganz schön an. Was darf ich mir unter einer „Laserharfe“ erträumen?

Tja, das ist unser special thing: Da leuchten im Nebel Strahlenfinger senkrecht von der Decke, die sehen aus wie Saiten aus Licht, und in ihnen und durch sie hindurch tanzt Peter Apel und macht damit Musik: Jeder Strahl, den er unterbricht, ruft spezielle Tracks und Sounds auf, die Apel auf seinem Synthi dazu gespeichert hat. Das ist ganz fantastisch, wie er an den Strahlen zupft, wie er sie richtig hochhebt, und die Töne steigen dazu.

Ein richtiges Theater.

Ja. Dazu auch sonst noch jede Menge Scheinwerfer, gesteuert über einen 48-Kanal-Lichtmischer. Da läßt sich einiges vorprogrammieren an Stimmungen, wir werden aber auch frei spielen.

Eine kleine Lichtmusik für 48 Stimmen.

Genau. Dazu Stroboskop-Blitze und Golden Scans, enorm starke Lampen, deren Licht von schnellen, rotierenden Spiegeln durch den Raum geschossen wird. Und unten sieht man, wenn wir richtig Nebel machen, auch mal Tunnelröhren aus Licht dahinschweifen und viele feine Sachen, die wir mit Lasern zaubern: dreidimensionale Skulpturen aus Licht, große Fächer, Rechtecksäulen. Das sieht so dicht und quasi materiell aus, da wundert man sich immer ein bißchen, daß man durchgreifen kann.

Wie macht man Rechtecks-Säulen aus Licht?

Mit Spiegeln. Einen ungebrochenen Laserstrahl kannst du ja sowieso nicht verwenden, da würden dem Publikum die Augen wegbrutzeln. Der Strahl wird hochfrequent durch ein Rechteck von zahllosen Spiegeln geleitet, die reflektieren je einen kleinen Anteil nach unten.

Einen „Online Video Live Mix“ wird's auch geben. Was ist das?

Wir haben zwei Videotapes zu je vier Stunden zusammengemixt aus ganz vielen verschiedenen Filmen: von „Tagesschau“ bis „Star Wars“ haben wir alles übers Trickmischpult gejagt, das erkennt man jetzt kaum wieder; dazu gibt es vor Ort eine Standkamera, die die Totale aufnimmt, und eine mobile Kamera, mit der wir rumgehn und die Leute direkt filmen. Das alles geht abwechselnd auf die Großbildleinwand, vier mal fünf Meter, und am Trickmischer sitzt einer, der mischt das im Beat der Musik, damit der Groove kommt.

Und wer macht die Musik?

Zwei DJ's: „Mate“ aus Köln, der arbeitet eher soft, soweit das bei Tekkno geht. Und „Black Out“ aus Detroit, der macht wirklich harte Rhythmen mit schrägen Tönen und so.

Mittels Plattenspieler?

Ja. Die haben vorbereitete Tapes dabei, dazu Plattenspieler und programmierbare CD-Maschinen. Sobald die auf den richtigen Beat gebracht sind, werden die untereinander gemixt: Einzelne Töne oder kurze Sequenzen, beliebig oft wiederholbar, blenden die da von dem einen Gerät ins andere. Das geht mit einem speziellen Mischpult, das hat Cross-Fader und alle Schikanen, damit kann man die Musik zwischen den Kanälen hin und her schieben. Solche Sachen.

Es gibt einen starken Trend hin zu ambulanten, sozusagen fliegenden Parties: in Fabrikschuppen, Flugzeughangaren und womöglich bald auch noch in stillgelegten Eisenbahntunnels. Macht ihr das in Bremen jetzt alles auch?

Naja, wir würden's schon gern öfters machen, aber dann jedesmal mit neuem Konzept. Ich war ja mit dem, was anderswo lief, sowieso nie zufrieden. Das, dachte ich, können wir selber besser. Und ohne die riesige „West“-Reklame, die einen damals auf der AG-Weser-Fete gleich abgetörnt hat. Dann hatten die Gitter um die Tanzfläche und andauernd helles Licht; das geht so nicht. Das ist wie in den üblichen Discos, denen fehlt ja ja auch jedes Gefühl für Stimmungen. Das liegt auch so'n bißchen an der vorgefertigten Umgebung. Die ist ja nur drauf getrimmt, möglichst viele Delmenhorster anzulocken und abzufüllen. Naja, am liebsten würd ich richtige moving parties machen: ganz kleine in gläsernen Fahrstühlen; oder mal einen Ponton aus dem Hafen schleppen...

...oder gleich ein altes Schwimmdock?

Ja. Drei Schlepper davor und runter zum Harrier Sand, und drinnen voll die Disco ein Wochenend lang.

Was wär deine oberaffenamtliche Traumparty, wenn's aufs Geld nicht ankäme?

Hach, da würd ich mir eine große Industriehalle chartern mit ganz vielen Nebenräumen, und all diese kleinen Nebenräume würde ich in zweijähriger Arbeit mit verschiedenen Stimmungsbildern herrichten, mit Farben, mit Filmen, mit Installationen: zu einem Labyrinth von Räumen und Geschichten, wo soviel passiert, daß man nie damit zu Ende kommt, daß man immer das Gefühl hat, man hat noch was verpaßt.

Ich vermute mal, so ähnlich wird die Party der Zukunft sein.

Unbedingt. Da muß auch bald was passieren.

Ein bißchen Theater.

Ja, mit guten Dekos, wo die Leute etwas erleben, wo sie sich fragen, was das zu bedeuten hat, und wo sie zugleich auf verschiedenen Bühnen mitspielen...

...in Stücken, die sie nicht kennen.

Genau. Interview: Manfred Dworschak

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